Rezension

Eine Liebe zwischen 1er und 0er

Heartware - Jenny-Mai Nuyen

Heartware
von Jenny-Mai Nuyen

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Adam Eli, erfolgreicher Ghostwriter bekommt eines Tages eine E-Mail, die sein wohl geordnetes Leben auf den Kopf stellt. Sie enthält einen Therapiemitschnitt seiner verlorenen Liebe. Mariel Marigny, Verwandlungskünstlerin und Verführerin, soll sich an Adams Fersen heften und ihn überzeugen ihr und ihrem Auftraggeber bei der Suche nach Willenya Ćuruvija zu helfen. Was sich als einfache Suche darstellt, entpuppt sich bald als ein Rennen gegen die Zeit, bei dem auch immer deutlicher wird, dass jeder seinen eigenen Plan verfolgt. Es kommen immer mehr dunkle Geheimnisse, Gegner und Unerwartetes auf den Plan. Wie wird das alles enden? Wird Adam mit seiner großen Liebe wieder vereint oder geht alles den Bach runter?

 

Meine Meinung:

Normalerweise lese ich eher Fantasy und weniger Thriller. Hier habe ich eine Ausnahme gemacht, da ich von der Autorin schon einiges gelesen habe und jedes Mal begeistert von ihren Büchern war. Daher war ich umso gespannter, wie ihr neuer Roman so ist und ich wurde nicht enttäuscht.

Jenny Mai Nuyen hat für mich einen unverwechselbaren und wunderbaren Schreibstil. Sie schafft es mit wenigen Worten eine ganze Welt oder hier ganze Städte lebendig werden zu lassen. Was ich besonders faszinierend finde und wofür ich sie einfach liebe sind ihre Charaktere, die nie perfekt sind, sondern immer irgendwelche Ecken und Kanten und bestimmte Macken haben. Aber das alles macht sie in meinen Augen nur umso realistischer und glaubwürdiger. Mit ihrem Erzählstil wird außerdem eine ganz eigene Atmosphäre geschaffen, die ein besonderes Kennzeichen der Autorin ist.

Die Charaktere sind gut durchdacht, sind eben sehr sehr vielschichtig und bringen mit ihren Ansichten und Diskussionen mich immer wieder zum Nachdenken und Überdenken der aktuellen Situation. Das ist auch etwas, was mir besonders gut gefallen hat und dieses Buch zu etwas besonderen für mich macht. Es ist nicht einfach nur ein Thriller, der mögliche Zukunftsszenarien darstellt. Nein, er geht viel tiefer und hinterfragt viele Dinge. Sei es die moderne Technik, die Ethik der Menschen, das Verhalten der Menschen untereinander, die Abhängigkeit zu den Maschinen oder anderes. Jenny Mai Nuyen setzt sich mit diesen Themen auseinander, wirft verschiedene Fragen auf und versucht sie auch bis zu einem gewissen Grad zu beantworten. Natürlich ist das keine Antwort, die richtig oder falsch ist, aber sie regt einen zum Nachdenken und sinnieren an.

Neben dem philosophischen geht dabei aber nicht die Spannung eines schönen Thrillers abhanden oder nimmt so überhand, dass einem der Kopf schwirrt. Die Autorin hat es geschafft, alles wohl portioniert und perfekt miteinander zu verweben, sodass man von allem etwas hat. Man hat ruhige Momente, nachdenkliche, spannende und philosophische.

Die Grundstory ist solide und dennoch mit vielen unerwarteten Wendungen gespickt, welche einen immer wieder überraschen. Ich war von Anfang an von der Geschichte gefesselt und wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht. Immer wenn ich dachte, so jetzt habe ich es durchschaut, wurde ich eines besseren belehrt und konnte mir neue Gedanken machen. Auch der Perspektivwechsel hat zur Spannungssteigerung beigetragen und war für mich gut gewählt und wirkte nie konfus oder künstlich konstruiert. Eine durch und durch gelungene Story, die viel Spaß gemacht hat.

Der Klappentext verrät am Anfang etwas viel über die Geschichte, dennoch ist diese so komplex, dass vieles vorkommt und am Ende der Klappentext sich doch nur als ein Bruchteil dessen darstellt, als es zuerst den Anschein hatte.

 

Charaktere:

Adam Eli, ist ein junger Mann, der sich als Ghostwriter sein Geld verdient. Er hat sein Leben mehr oder weniger im Griff, bis auf die Tatsache, dass er immer noch seiner alten Liebe Willenya hinter her trauert. Adam ist ein sehr interessanter Charakter, der mich immer wieder fasziniert hat. Er weiß selbst wie wahn- und zwanghaft er sich teilweise verhält, kann oder will es aber nicht ablegen, sondern gibt sich dem immer wieder hin. Er hat schon, in meinen Augen, eine leicht masochistische Ader, aber ich mag das an ihm und konnte so besser mit ihm leiden oder den Kopf schütteln.

Mariel Marigny konnte ich am Anfang schwer einschätzen, da sie ein sehr vielschichtiger Charakter ist. Auf den ersten Blick wirkt sie oberflächlich, doch unter dieser Schale verbirgt sich mehr, als man ahnt. Es ist immer wieder interessant und aufregend, wie sich ein neuer Teil von ihr entfaltet, man sie dennoch nie komplett durchschaut und kennen lernt. Einfach großartig.

Willenya ist mit der mysteriöseste Charakter, da man sie nur aus den Augen der Anderen kennen lernt. Man erhascht nie einen konkreten Blick auf sie, sondern immer nur einen verzerrten. Dies ist aber so geschickt geschrieben worden, dass es einen selbst zu einigen Spekulationen veranlässt, wer sie ist, was sie fühlt und was ihre Ziele sind.

 

Fazit:

Da ich selten Thriller lese, kann ich auch keinen großartigen Vergleich zu anderen ziehen, aber ich muss sagen, dieser hier hat mich vollkommen überzeugt. Er ist spannend, gut durchdacht, hat viele überraschende Wendungen, komplexe Charaktere und sticht mit verschiedenen Gedankenspielen heraus. Manchmal ist er etwas vorhersehbar, denkt man zumindest, was einem aber auf keinen Fall den Lesespaß verdirbt. Ich finde diesen Roman einfach nur genial und kann ihm jeden empfehlen. Er hat mich nicht nur gut unterhalten, sondern auch zum Nachdenken animiert und eine interessante und erfrischende Seite der digitalen in Verbindung mit der realen Welt gezeigt. Einfach nur lesenswert.