Rezension

Eine Meerjungfrau, die in der Geschichte zu kurz kommt

Die letzte Reise der Meerjungfrau - Imogen Hermes Gowar

Die letzte Reise der Meerjungfrau
von Imogen Hermes Gowar

Bewertet mit 3 Sternen

London 1785: Der verwitwete Mr. Hancock bekommt bei der Rückkehr eines Kapitäns eine seltsame Kreatur, die eine Meerjungfrau sein soll. Als Ausstellungsobjekt bringt sie ihm eine Menge Geld ein und bekommt damit auch die Aufmerksamkeit einflussreicher Leute. Über die Kupplerin Mrs. Chappell lernt er die Prostituierte Angelica Neal kennen, die etwas von ihm fordert, was er ihr kaum geben kann: Eine eigene Meerjungfrau... .
Imogen Hermes Gowar hat hier einen ungewöhnlichen Roman geschrieben, indem sie das historische London im 18. Jahrhundert und vor allem dessen Gesellschaft darstellt und einige wenige fantastische Elemente eingebaut hat.
Anders als der Titel des Buches verspricht, kommt die Meerjungfrau im Buch etwas zu kurz und spielt fast nur im Hintergrund eine tragende Rolle. Jedoch hat mir gut gefallen, wie selbstverständlich das Wesen in die Geschichte eingearbeitet worden ist. Man vergisst beim lesen zwar nicht, dass es eigentlich keine Meerjungfrauen gibt, aber Frau Gowar schafft es dennoch, sie glaubhaft darzustellen. 
Mit Mr. Jonah Hancock hat die Handlung einen besonderen und wie ich finde, außergewöhnlichen Protagonisten. Er wirkt zwar gerade am Anfang etwas seltsam und oft hielt ich ihn für naiv, aber im Laufe der Handlung zeigt sich immer wieder, dass er die richtigen Entscheidungen treffen kann, auch wenn dabei etwas unbeholfen vorgeht.
Angelica konnte ich dagegen lange nicht einschätzen und konnte nicht so recht mit ihr warm werden. Man merkt aber gerade zum Ende des Buches, dass sie doch eine Entwicklung durchgemacht hat und in der Lage ist, sich selbst, Mr. Hancock und auch mich als Leserin zu überraschen.
Imogen Hermes Gowar schreibt unglaublich stilsicher und gut lesbar. Ihr ist ein interessantes Gesellschaftsporträit des 18. Jahrhunderts gelungen, wobei sie aus meiner Sicht den Fokus der Geschichte viel zu sehr auf Bordelle und somit auf Prostitution lenkt. Manchmal wird die Handlung dadurch so obszön und grotesk, dass ich das Buch schon zur Seite legen wollte.
Insgesamt ist ,,Die letzte Reise der Meerjungfrau oder wie Jonah Hancock über Nacht zum reichen Mann wurde" ein spannender historischer Roman, indem die Meerjungfrau den Leuten im Buch, als auch den Lesern gleichermaßen vorenthalten wird. Auch wenn ich einige Kritikpunkte habe, konnte mich die Geschichte doch letztendlich überzeugen und unterhalten. Gerne empfehle ich das Buch hier weiter.