Rezension

Eine Mischung aus Geschichte und der Liebe zum Wort

Die Bücherdiebin - Markus Zusak

Die Bücherdiebin
von Markus Zusak

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Bücherdiebin habe ich das erste Mal vor acht Jahren gelesen. Schon damals hat mir die Geschichte sehr gut gefallen. Allerdings hat mich das Ende wahnsinnig gemacht, weil ich es einfach ziemlich ungerecht fand. Nun wollte ich noch einmal in die Welt von Liesel Memminger eintauchen und habe mir kurzerhand das Hörbuch geschnappt.

Gestaltung
Boris Aljinovic führt uns durch die Geschichte. Zu Beginn hatte ich etwas Mühe mit seiner Stimmfarbe. Nach und nach fielen mir aber die Feinheiten auf, mit denen er Die Bücherdiebin erzählt. Boris Aljinovic hat nämlich eine schwierige Aufgabe: Er muss sich nicht nur mit den Charakteren auseinandersetzen, sondern auch die Rolle des allwissenden Erzählers einnehmen und uns diesen nahebringen. Und das ist gar nicht mal so einfach, denn die Geschichte wird von niemand Geringerem als dem Tod erzählt. Ich mochte die Interpretation von Boris Aljinovic sehr und finde, dass er sowohl die Charaktere als auch den allwissenden Erzähler gekonnt interpretiert hat.

Inhalt
Markus Zusak verbindet in Die Bücherdiebin mehrere Elemente miteinander. Zum einen nimmt er uns mit in die Erlebnisse des dritten Reiches: Liesel Memminger muss ihre Familie verlassen und kommt bei den Hubermanns in der Nähe von München unter. Dort hat sie es nicht leicht: Pflegemutter Rosa Hubermann scheint unterkühlt und bezeichnet alles und jeden nur als Saumenschen. Liesels Pflegevater hingegen - Hans Hubermann - ist wortkarg, schafft es aber eine Beziehung zu dem Mädchen aufzubauen. Dann bricht der zweite Weltkrieg aus und die Familie muss näher zusammenrücken. Eines Tages steht ein Fremder vor der Tür, der die Welt der Hubermanns ziemlich durcheinander bringt.

Und neben diesem historischen Handlungsstrang gibt es natürlich noch Liesels Liebe zu den Büchern: Obwohl Liesel zu Beginn des Buches kaum lesen kann, entwickelt sie eine Liebe zu den Wörtern. Sprache fasziniert sie. Sie nimmt wahr, wie viel man mit Worten anrichten kann, wann es Worte bräuchte, aber doch nicht die passenden über die Lippen kommen und wann Worte nur leer erscheinen.

Interessant fand ich hier, dass der allwissende Erzähler unserer Geschichte der Tod ist. Hier lässt Markus Zusak seine Vorstellung von dem Tod einfließen. Natürlich bekommen wir mit, wie der Tod über die Menschen und Liesels Erlebnisse denkt. Es wird außerdem deutlich, dass ihn das Mädchen fasziniert und er - sofern es ihm möglich ist - gerne bei ihr in der Himmelsstraße vorbeischaut.

Spannung
Der Spannungsbogen von Die Bücherdiebin ist gut aufgebaut. Ich war relativ überrascht, dass die Kapitel des Hörbuches doch recht kurz sind. Dennoch hatte ich nicht den Eindruck, dass es an Informationen fehlte. Ich glaube, ich hätte Liesels Erlebnissen in der Himmelsstraße noch eine Weile zuhören können. Deswegen war ich - zumindest beim ersten Mal lesen - doch etwas überrascht über das abrupte Ende. Als ich nun ein zweites Mal in die Geschichte eintauchte, stellte ich fest, dass die Handlungsstränge hier und da etwas holprig miteinander verwoben waren. Das ist mir beim ersten Mal lesen aber nicht negativ aufgefallen. 

Schreibstil
Wie bereits erwähnt, gibt es hier den allwissenden Erzähler: den Tod. Auch der Schreibstil von Markus Zusak scheint eher erzählend. Es gibt hier und da Dialoge, die sehr von dem Ausdruck Saumensch geprägt sind, was mich etwas schmunzeln ließ. Hier und da musste ich auch erkennen, dass unser allwissender Erzähler minimal spoilert, weil er ja wusste, wann einzelne Charaktere sterben. Dennoch verriet er nichts über die Todesumstände. Und das machte es dann nicht ganz so schlimm.

Beim zweiten Mal hören sind mir einige sprachliche Bilder aufgefallen, über die ich gerne mit jemandem gesprochen hätte, um sie einfach noch besser verstehen zu können. So stiehlt Liesel beispielsweise Bücher, hat aber trotzdem eine Liebe zu diesen. An einem Geburtstag bekommt sie auch eine wunderschöne Geschichte geschenkt, die mit Sicherheit einen tieferen Sinn hat. Auch in Bezug auf den historischen Handlungsstrang gab es einige Elemente, die mich nachdenklich zurückließen.

Gesamteindruck
Am Ende von Die Bücherdiebin stellte ich fest, dass ich mittlerweile etwas anders über das Ende denke. Ich finde es immer noch sehr traurig. Dennoch gehörte es leider zur damaligen Zeit. Inzwischen komme ich etwas besser damit zurecht. Es war wieder toll in Liesels Geschichte eintauchen zu dürfen und mir noch einmal darüber klarzuwerden, wie es mir beim ersten Mal Lesen ergangen ist. Außerdem stellte ich erstaunt fest, dass mir diesmal wieder ein paar Dinge aufgefallen sind, für die ich das erste Mal kein Gespür hatte.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Die Bücherdiebin ein tolles Jugendbuch mit historischen Elementen ist. Es sorgt für viel Diskussionsstoff aber auch trotz ernsten Inhaltes für ein paar lustige Stellen.