Rezension

Eine Mischung, die überzeugt

Spinnenkuss - Jennifer Estep

Spinnenkuss
von Jennifer Estep

Bewertet mit 4.5 Sternen

Spinnenkuss ist der erste Band der momentan mit zwölf Bänden geplanten “Elemental Assassin”-Reihe. Die Wahl des deutschen Titels hat mich allerdings schmunzeln lassen, wurde doch aus dem englischen Titel “Spider’s Bite” (zu deutsch: Spinnenbiss) “Spinnenkuss”. Was sich die Übersetzerin hier wohl gedacht hat?

Das Cover des Buches finde ich im Gegensatz zum Titel allerdings ziemlich stimmig. Mir gefällt vor allem die deutlich hervorstechende orange Rune, das Symbol der weiblichen Hauptperson: Die Spinne. Das dahinter befindliche Frauengesicht soll vermutlich selbige darstellen, zumindest wirkt die Frau auf dem Bild ähnlich kalt und hart wie die Spinne während ihrer Aufträge.

Die Spinne ist eine kaltblütige Killerin, jemand, der für Geld über Leichen geht. Fünf Millionen soll der nächste Auftrag bringen, der sich bald als gefährliche Falle entpuppt. Eine Falle, aus der ihr keine andere Möglichkeit als die Flucht bleibt – und die Gewissheit, dass die Person, die hinter dem Ganzen steckt, nicht ungeschorenen bleiben wird. Ein Ziel, für das die Spinne sogar bereit ist, mit der Polizei zusammen zu arbeiten.

Die Welt in der Gin Blanco, auch bekannt als die Spinne, lebt, unterscheidet sich in einigen wesentlichen Aspekten von unserer eigenen: Ein wichtiger Unterschied ist die Magie, die weit verbreitet ist. Vampire und Elementare (wie Gin) bevölkern die Erde neben den Menschen, aber auch die die Schere zwischen Arm und Reich klafft deutlich stärker auseinander als in unserer Welt. Korruption und Bestechung sind an der Tagesordnung, ebenso wie Gewalt und Tod. Gins Arbeit bringt letzteres, allerdings ist sie eine “gute” Attentäterin. Ihre Aufträge sind sorgfältig gewählt und keines ihrer Opfer ist unschuldig. Eine Tatsache, die sie dem Leser ebenso schnell sympathisch macht wie ihre sarkastische Art, die Welt um sich herum zu betrachten.

Als die Falle, die man ihr stellt, jemanden das Leben kostet dem sie nahe steht, will Gin nur noch eines: Rache. Und so webt sie langsam ein Netz, das die Hintermänner in die Falle locken soll. Ein Netz, das ebenso wie Korruption und Gier bis in die Reihe der Polizei reicht. Die Zusammenarbeit mit selbiger gestaltet sich allerdings anders als man es auf den ersten Gedanken vermutet. Es ist nicht die Polizei, die mit Gin zusammenarbeit, sondern ein einzelner Cop, Donovan Caine. Jemand, der tatsächlich die Gerichtigkeit im Blick hat, nicht den eigenen Geldbeutel. Und jemand, der Gin schon längst für den Mord an seinen Partner belangen möchte. Etwas, das er zurücksteckt, um das aktuelle Verbrechen aufzuklären – und sich bei Gin zu revanchieren. Diese hat mit dem Cop jedoch weit mehr vor als nur eng mit ihm zusammen zu arbeiten. Seine Sturrheit, mit der er sie verfolgt, hat sie schon lange beeindruckt und auch sonst ist der gutaussehende Cop weit mehr als nur einen kurzen Blick oder Gedanken wert. Wenn die Situation es zulässt, sprühen daher in manchen Szenen mehr als nur leichte Funken.

Der kriminalistische Anteil der Geschichte hält sich hingegen im Rahmen. Zwar ist es die Suche nach den Hintermännern, die den Plot vorantreibt, sie gestaltet sich allerdings nicht übermäßig schwierig. Gins Kontakte in die Unterwelt – Heiler, Huren & Banker – erweisen sich hier als überaus hilfreich. Donovan Caine ist damit eigentlich nicht viel mehr als eine gutausehende und sexy Nebenfigur. Richtig zur Sache geht es mit ihm (und Gin) eigentlich nur bei einem. Für Kämpfe und magischen Einsatz sind allein Gins Geschick und ihre (elementaren) Kräfte gefragt. Und mit jeder Seite werden die Kämpfe schwieriger, bis es mit dem letzten Abschnitt zum finalen Show-Down kommt, zum rohen Einsatz von Elementarmagie.

Mit den letzten Seiten sind dann nicht nur die “wahren” Bösewicht besiegt, sondern auch der Gin angehängte Mord samt Hintergründe aufgeklärt. Damit bringt Jennifer Estep den Hauptplot der Geschichte zu einem Ende, es sind allerdings längst nicht alle Fäden entwirrt. Die Fronten zwischen Gin und Donovan sind vermutlich nur vorläufig geklärt, als nahezu allwissender Leser kann man sich durchaus ein Wiedersehen vorstellen. Einige der im Laufe der Geschichte eingefügten Hinweise zu Gins Vergangenheit verdichten sich mit dem Ende zu einem Netz, dass noch einige weitere Bände füllen könnte. Weitere Ziele, die Gin anstreben könnte, gibt es mit dem Ende reichlich. Und auch die Geschichte der ein oder anderen Nebenfigur könnte den Leser in den Folgebänden sicherlich ebenso gut unterhalten.

Mich hat Jennifer Estep mit der Mischung aus Erotik und Fantasy, versehen mit einer leichten Prise Krimi, überzeugen können und meine Neugier auf Gins weiteren Lebensweg erfolgreich geschürt. Einen Blick in die im April erscheinende Fortsetzung, “Spinnentanz”, werde ich daher ganz sicher werfen.