Rezension

Eine moderne Form der Sklaverei

Kukolka - Lana Lux

Kukolka
von Lana Lux

Bewertet mit 2 Sternen

In “Kukolka“, dem Debütroman der gebürtigen Ukrainerin Lana Lux, geht es um die Waise Samira. Anfangs lebt sie im Heim, wo sie von einer Erzieherin schikaniert und misshandelt wird. Eines Tages flieht sie und trifft auf Rocky, der sie zunächst rettet. Mit anderen Straßenkindern lebt sie in einem heruntergekommenen Haus ohne Strom und Toilette und verdient ihren Lebensunterhalt durch Betteln und Stehlen. Aber Rocky ist kein Wohltäter der Menschheit, sondern ein Alkoholiker, der die Kinder schlägt und missbraucht.

Samira hat einen Traum: Sie will unbedingt nach Deutschland. Als sie eines Tages den attraktiven Dima trifft, scheint sie seiner Verwirklichung sehr nahe zu kommen. Dima nimmt sie mit nach Berlin. Samira ist so verliebt, dass sie ihn nicht durchschaut. Er ist Zuhälter und schickt sie schon mit 13 auf den Strich. Prostitution und Drogen zerstören ihre Seele und ihren Körper. Nachdem Dima sie an eine Agentur verkauft hat, wird alles noch viel schlimmer. Aus dem Traum vom Leben im Land ihrer Sehnsucht ist ein düsterer Alptraum geworden.

Lana Lux hat einen packenden, aber sehr harten Roman nahe an der Realität geschrieben. Als Kontingentflüchtling mit Abitur und Studium kennt sie ein solches Schicksal nicht aus eigener Anschauung, aber sie berichtet mit viel Empathie über eine fiktive Protagonistin, die stellvertretend für Tausende von jungen Mädchen und Frauen aus dem Osten steht, denen genau dies widerfährt. Die Frauen leben eingesperrt ohne jeden Kontakt zur Außenwelt, ohne Geld und Papiere, und nur hin und wieder gelingt einer die Flucht, wie erst kürzlich in der Zeitung zu lesen war. Dann staunt der deutsche Leser, dass diese Zuhälter schon mal sieben Jahre unbehelligt ihrem schmutzigen Geschäft nachgehen können, ehe sie auffliegen und zur Verantwortung gezogen werden.

“Kukolka“ ist ein wichtiges Buch, weil es auf Menschenhandel und Zwangsprostitution mitten unter uns und unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung zum Trotz hinweist.
Nach der Lektüre des Klappentexts hatte ich allerdings ganz andere Vorstellungen. Ich mag prinzipiell keine Bücher, in denen Gewalt an Kindern im Vordergrund steht. Dass Samira als Ich-Erzählerin auftritt, macht das Ganze noch schlimmer, weil das Leiden ein Gesicht bekommt. Die dem Buch zugrunde liegende Idee finde ich schon interessant, aber mit der Umsetzung habe ich Probleme. Man kann das auch alles anders schreiben wie Hanya Yanagihara in "Ein wenig Leben" - ein hervorragendes Buch. Deshalb kann ich "Kukolka" nur bedingt empfehlen.