Rezension

Eine schaurige Familientragödie

Seht, was ich getan habe
von Sarah Schmidt

Bewertet mit 4 Sternen

Ein aufsehenerregender Mord hat 1892 Amerikas Gemüter erhitzt. Noch lange darüber hinaus war er in aller Munde.

Wikipedia:
„Lizzie Borden (* 19. Juli 1860 in Fall River, Massachusetts; † 1. Juni 1927 ebenda) war eine US-Amerikanerin, die des Mordes an ihrem Vater und ihrer Stiefmutter verdächtigt und danach freigesprochen wurde. Die Umstände der Verhandlung und der Urteilsspruch erweckten große mediale Aufmerksamkeit. Der tatsächliche Tathergang ist bis heute nicht vollständig geklärt.“

Aus vier verschiedenen Blickwinkeln wird hier das Geschehen beleuchtet. Die Bordens waren eine wohlhabende, angesehene Familie, einfache Menschen waren sie wohl nicht. 
Die Schwestern Lizzie und Emma, 32 und 42 Jahre alt, leben noch immer bei ihrem Vater und seiner neuen Frau, der Stiefmutter, die sie nicht „Mutter“ nennen möchten. Den Zeitpunkt, ein eigenes Leben aufzubauen haben sie verpasst, dabei würden sie wirklich gerne dem Elternhaus entfliehen.
Emma war seit dem Tod ihrer Mutter immer in der Pflicht, sich um die kleine Lizzie zu kümmern. Sehr nachvollziehbar wird gezeigt, wie sie zu einer frustrierten alten Jungfer wurde. 
Auch Bridget, das irische Dienstmädchen, hat sich vom Leben in Amerika viel versprochen, dann aber eine Stelle erwischt, wo sie den Launen einer höchst unberechenbaren Herrschaft ausgeliefert ist.
Und Lizzie, das verwöhnte Nesthäkchen, tanzt schon immer allen auf der Nase herum. Geradezu obsessiv klammert sie sich an ihre Schwester. 

Atmosphärisch und nachvollziehbar wird hier das Bild einer schwer verstörten Familie gezeichnet. Irgendwann traut man jedem alles zu, was diesen ungeklärten Mordfall höchst geheimnisvoll wirken lässt. Das historische Flair bleibt dabei ein wenig auf der Strecke. Die Autorin konzentriert sich ausschließlich auf die Personenzeichnung, was ich ein wenig schade fand. 
Dieses Buch muss wohl den Vergleich zu „Alias Grace“ aushalten, das ich vor kurzem gelesen habe und dagegen wirkt es dann etwas reißerisch. Während Grace eine bemitleidenswerte Frau war, die sich in Standesdünkel und Vorurteilen ihrer Zeit verstrickt hat, steht Lizzie als überspannte Zicke da, die ihre Familie in den Wahnsinn treibt. Wann die Geschichte spielt, tut eigentlich nichts zur Sache.
Zum Ende hin wartet dieses Buch dann noch mit wirklich vielen, ekelhaft blutigen Details auf und macht die Familientragödie zum Schauerstück. Das muss man mögen.

Wenn man dieses Buch liest, um die mutmaßlich wahre Geschichte der Lizzie Borden zu erfahren, kann man es überzogen finden. Die Figuren sind bisweilen unglaubwürdig überspannt. 
Es ist eher eine schaurige Familientragödie, angelehnt an eine wahre Geschichte, die einigen Unterhaltungswert hat und einen das Gruseln lehrt.