Rezension

Eine schlichte Geschichte, wunderschön erzählt!

Ein Monat auf dem Land - J. L. Carr

Ein Monat auf dem Land
von J. L. Carr

Bewertet mit 4.5 Sternen

Viel ereignet sich nicht auf den rund 150 Seiten dieses kleinen Büchleins. Aber dennoch ist es überaus lesenswert, diese in liebevoller und das Herz wärmende beginnende Heilung des jungen Kriegsversehrten Tom Birkin. Noch immer schwer gezeichnet vom Soldatendasein im 1. Weltkrieg, dazu gerade verlassen von seiner Frau, nimmt der junge Restaurator den Auftrag in einem kleinen Dorf an, ein mittelalterliches Gemälde in einer Kirche freizulegen. Vorsichtig nähern sich Tom und die Dorfbewohner einander an, es entstehen Freundschaften und langsam, ganz langsam beginnen seine Verletzungen weniger zu schmerzen und die Freude am Leben zuzunehmen.
Carr lässt Tom aus der Ich-Perspektive erzählen, sodass man sein Denken und Fühlen unmittelbar miterlebt. Wie er vorsichtig sein Umfeld taxiert, während er gleichzeitig versucht, die Erinnerungen an die Kriegserlebnisse zu unterdrücken. Voller Zurückhaltung, aber auch mit freundlichem Interesse beobachtet er die Menschen und es wächst der Wunsch in ihm, einer von ihnen zu werden. Carrs Sprache ist voller Wärme aber auch Humor, sodass es wirklich ein Genuss ist, Toms Geschichte zu lesen. Wie er sich beispielsweise dem Ofen in der Kirche widmet: "Verärgert gab er (der Pfarrer) ihm einen kleinen Tritt. Er und der Ofen starten einander finster an wie zwei Erzfeinde. ... Ich streichelte besänftigend die Stelle, die der Pfarrer zuvor so schnöde gestoßen hat."
Ein schönes kleines Buch, wie die Zeit, der richtige Ort und die richtigen Menschen auch die schlimmsten Verletzungen langsam heilen können.