Rezension

Eine überaus lesenswerte Dystopie - düster, grausam und authentisch

Sakura - Kim Kestner

Sakura
von Kim Kestner

Bewertet mit 5 Sternen

Da ich „Anima – Schwarze Seele, weißes Herz“ von Kim Kestner liebe, musste ich ihre neue Dystopie „Sakura – Die Vollkommenen“ unbedingt lesen. Die Autorin konnte mich mit diesem Buch überraschen und auf ganzer Linie überzeugen, denn es ist ganz anders als viele typische Dystopien, die den Markt bevölkern. „Sakura“ ist knallhart, voller Elend, Dreck und Schmerz.

Juri kennt von klein auf nur das Leben in ihrer Höhle. Die Menschen glauben, dass sie dort zur Strafe eingesperrt wurden und nur die Vollkommenen an der Sonne leben dürfen. Die Höhle ist gegliedert in mehrere Ebenen und Juris Lebensraum, die Ebene Verwertung und Wiederaufbearbeitung, ist díe Hölle auf Erden. Leid und Elend beherrschen das alltägliche Bild. Um zu überleben tun die Menschen alles, angefangen vom Verkauf von Drogen bis hin zum Verkauf des eigenen Körpers. Juri hat sich lange Zeit als Rohrkind durchgeschlagen und in den Abwasserkanälen nach brauchbaren Dingen gesucht, bis sie zu groß für die Rohre wurde und auf der Straße landete. Am Tag der Blüte bietet sich Juri eine unglaubliche Chance. Der Kaiser sucht auf allen Ebenen nach Vollkommenen und verspricht ein Leben an der Sonne. Juri würde alles tun, um ihrem schrecklichen Leben entfliehen zu können. Kurzerhand verkleidet sie sich als Junge und mogelt sich unter die anderen Anwärter. Doch sie alle müssen in Prüfungen beweisen, dass sie vollkommen sind. Der Weg zur Sonne ist gepflastert von Toten und Juri muss an ihre Grenzen gehen, um die grausamen Prüfungen zu überleben. Zudem wird noch der Sohn des Kaisers auf sie aufmerksam. Sollte er Juris Verkleidung durchschauen, wäre ihr Leben verwirkt.

Zu Beginn musste ich mich erst an den Schreibstil von Kim Kestner gewöhnen. Sie schreibt in diesem Buch völlig anders, als in „Anima“. Der Schreibstil ist prägnant, ohne viele Schnörkel und Ausschmückungen. Die Dialoge klingen geradlinig und hart. Doch genau das passt perfekt zur Geschichte. Hier gibt es keine Prinzessinnen, rosa Kleider und die Welt bietet nichts Lebenswertes. Auch eine kitschige Liebesgeschichte sucht man hier vergebens. Das Leben von Juri ist elendig und hart. Durch Kim Kestners Schreibstil kann man die die düstere Atmosphäre des Buches richtig spüren. Besonders gut hat mir der Weltenaufbau gefallen. Jede Ebene hat eine eigene Aufgabe, durch die das Leben in der Höhle funktioniert. Alles greift wie kleine Zahnrädchen ineinander. Klemmt ein Rädchen, kommt alles zum Erliegen. Der Weltenaufbau wirkt absolut schlüssig und authentisch. Die Autorin schafft es durch viele kleine Details eine realistisch anmutende, düstere Zukunftsversion zu zeichnen.

Auch die Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet worden. Der Kaiser sucht Vollkommene, doch genau das sind die Protagonisten nicht. Juris Körper ist geprägt durch Hunger und Elend. Sie ist dünn und sehnig, wodurch sie ohne Probleme als Junge durchgehen kann. Im Laufe des Buches erfährt man in Form von Rückblenden immer mehr über Juris Leben, wodurch man teilweise richtig Gänsehaut bekommt. Es ist unvorstellbar, wie die Menschen in ihrer Ebene leben müssen. Juri ist zäh und hat den Willen zu Leben. Durch ihre Arbeit in der Leichenentsorgung ist sie den Anblick von Toten gewöhnt. Auch auf der Straße findet man immer wieder Menschen, die der Tod frisch geholt hat. In den grausamen Prüfungen kommt es Juri zugute, dass sie bereits so viel Leid erlebt hat. Sie ist ein unglaublich starker Charakter, der in der Geschichte polarisiert und den Leser mitreißt - gerade weil Juri nicht die typische Hauptprotagonistin ist. Sie ist nicht hübsch, gebildet oder hat spezielle Kräfte. Juri ist ein ganz normales Mädchen, deren Leben von Hunger und Leid geprägt ist. Gerade aus diesem Grund wirkt die ganze Geschichte sehr authentisch und man verfolgt gespannt, mit welcher Willenskraft sich Juri von einer Prüfung zur nächsten durchkämpft. Insgesamt wirkt die Geschichte sehr realistisch und hebt sich deutlich von anderen Dystopien im Bereich Jugendbücher ab. Nur das Ende wirkte auf mich etwas übereilt. Zum Schluss ging es Schlag auf Schlag und ich hätte gerne noch mehr über die Zukunft der Protagonisten erfahren.

Fazit: Das Buch „Sakura - Die Vollkommenen" von Kim Kestner ist knallhart und völlig anders als erwartet. Juri ist eine unglaublich starke Protagonistin, die den Leser schonungslos an einen Ort voller Dreck und Leid entführt. Ihre Welt ist düster, grausam und brutal, was durch den prägnanten und harten Schreibstil noch besser zum Tragen kommt. Das Buch hebt sich deutlich von anderen Dystopien im Jugendbereich ab. Zum einen durch den durchdachten und realiatischen Weltenaufbau, zum anderen durch die starke Protagonistin, die durch ihre Willenskraft polarisiert und nicht als Heldin mit versteckten Superkräften daherkommt.