Rezension

Eine wertvolle Navigationshilfe zur Persönlichkeitsentwicklung

Die Kunst des reifen Handelns - Thomas Härry

Die Kunst des reifen Handelns
von Thomas Härry

Bewertet mit 4 Sternen

"Bevor es losgeht, will ich noch einmal betonen: Reifes Handeln bedeutet nicht, alles in den Griff zu bekommen. Keine Fehler mehr zu machen. Keine Schwächen zu haben, keine Einseitigkeiten und keinem Fehlurteil zu unterliegen. Sich solchen Ansprüchen verpflichtet zu fühlen, muss unglaublich anstrengend sein. Und freudlos. Einem solchen Leben wird fortlaufend alle Leichtigkeit, alles Experimentelle, alle Freiheit und alle Gnade entzogen. Ich muss es ja richtig machen! Richtig richtig!  /.../ Es geht um einen Weg des Lernens." 

 

 

Und um diesen Weg des Lernens, diesen Prozess geht es in Thomas Härrys Buch "Die Kunst des reifen Handelns". 

Der Autor möchte dazu im Buch Denkanstöße geben und Perspektiven aufzeigen, wie reifes Handeln gelingen kann. Er beschäftigt sich dabei vor allem ausführlich mit dem Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und reifem Handeln. Was formt eine Persönlichkeit und was lässt sie reifen, auf welche Lebensbereiche wirkt sich reifes oder unreifes Handeln aus - vor allem im Kontext ihrer Aufgaben und Beziehungen. Für mich war auch seine Frage nach wünschenswerten Charaktereigenschaften einer Persönlichkeit sehr interessant. Denn das empfindet sicher jeder etwas anders. Besonders inspirierend und nachhaltig finde ich seine Graphik über unser Verhalten in der reifen und unreifen Zone. Sie hängt jetzt als Erinnerung an meiner Pinwand, denn auch ich bin nicht immer in Balance und habe beim Lesen das ein oder andere unreife Verhaltensmuster an mir (wieder-)erkannt.

Das Sachbuch "Die Kunst des reifen Handelns" ist ein christliches Sachbuch. Dem Leser sollte also bewusst sein, dass der Autor seine Überlegungen in den christlichen Glauben einbettet und aufzeigt welche Rolle er bei der Entwicklung unserer Persönlichkeit spielt. Wichtige Textpassagen werden immer wieder mit biblischen Texten belegt. Es geht also um Lebens- UND Glaubensreife. 

 

Das Buch ist keine leichte Kost und nichts für "zwischendurch". Immer wieder habe ich Pausen eingelegt, um das Gelesene sacken zu lassen und mich mit anderen dazu auszutauschen. Besonders in der Mitte des Buches war es mir phasenweise etwas sehr theorielastig. Dieses Empfinden ist aber ganz individuell und subjektiv, denn der Autor bringt auch sehr viele Praxisbeispiele, die auflockernd wirken. Was mir zum Beispiel positiv im Gedächtnis geblieben ist, ist das Beispiel mit den Tomaten. Hier bringt Thomas Härry einen bildhaften Vergleich dafür, dass der Nährboden entscheidend ist, wenn Gutes wachsen soll. Und DAS gilt nicht nur für wachsende Tomaten, sondern auch für unser Leben. Sehr positiv finde ich auch, dass der Autor dieses Reifethema sehr offen kommuniziert. Er sagt nicht "so und so müsst ihr das machen". Viel mehr gibt er Empfehlungen als Angebote und Denkanstöße, die Ansporn und Anregung sein sollen sich eigene Wege zu erschließen. Alles natürlich mit dem Ziel zu reifen.   

 

Das Buch wurde 2018 als Hardcover mit Schutzumschlag im SCM-Verlag veröffentlicht. Es ist hochwertig verarbeitet, hat eine sehr angenehme Schriftgröße und Kapiteleinteilung und ein Lesebändchen - was ich bei einem Sachbuch sehr schätze. Das Cover hat eine auffallende, aber nicht aufdringliche Farbe und ich mag die Abbildung des Steuerrads, weil es suggeriert, dass man sein Leben selbst in der Hand hat und die Richtung selbst bstimmen kann. Womit ich mich erst noch anfreunden muss, sind die unterschiedlichen Schriftarten im (großformatigen) Titel. 

Der Schreibstil des Autors ist eingängig und durch die vielen Praxisbeispiele flüssig zu lesen. Einzig im Mittelteil war es mir etwas zu trocken und theorielastig. Was mir aber sehr gut gefallen hat, waren die vertiefenden Fragen an jedem Kapitelende. Das finde ich sehr inspirieren, weil man schauen kann, ob man das Gelesene verstanden hat bzw. wie man es für sich persönlich anwenden kann. 

 

 

Fazit: 

Reifung ist kein punktuelles Ereignis, sondern ein Prozess. Die Frage ist also nicht, wo wir stehen, sondern ob wir überhaupt noch unterwegs sind. "Nicht dass wir morgen schon am Ziel sind, ist entscheidend, sondern dass wir auf dem Weg bleiben und Richtung halten." Es gelingt Thomas Härry, den Leser auf seinem Weg zu begleiten und er macht Mut auch bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben und dranzubleiben. Er beleuchtet das Thema der Persönlichkeitsreifung dabei aus verschiedenen Blickwinkeln und gibt vielfältige Anregungen, Denkanstöße und Navigationshilfen, die, wenn man sich wirklich für das Thema interessiert sehr hilfreich und inspirierend sein können. Meine Leseempfehlung.