Rezension

Einen alten Baum verpflanzt man nicht

Baba Dunjas letzte Liebe
von Alina Bronsky

Bewertet mit 5 Sternen

Tschernowo in der Nähe von Tschernobyl ist eine Geisterstadt. Sie wurde nach dem Reaktorunglück geräumt, das Dörfchen liegt in der Todeszone. Doch ein paar alte Menschen sind zurückgekehrt, sie wollen ihre letzten Jahre lieber in der angestammten Heimat verbringen.

Dazu gehört auch Baba Dunja, inzwischen schon Ende achtzig, aber noch sehr rüstig. Sie zieht in ihrem Garten das auf, was sie zum Leben benötigt, einmal im Monat macht sie sich auf in die nächste größere bewohnte Stadt um Vorräte zu kaufen und ihre Post abzuholen, die sie u.a. von ihrer Tochter bekommt, die in Deutschland wohnt.

Alina Bronsky erzählt aus Sicht von Baba Dunja, ein eindrucksvolles Porträit einer alten Frau, die ihre letzten Lebensjahre lieber in der verstrahlten Heimat verbringen möchte und nicht in einer anonymen Großstadt mit wenig Raum für Ruhe und einfaches Leben. Sie genießt die Stille, die wenigen Nachbarn, das, was sie mit im Garten heranziehen kann.
Die Autorin lässt die Protagonistin immer mal wieder zurück auf ihr Leben blicken. Eines Tages tauchen zwei Fremde im Dorf auf: ein Vater mit seiner kleinen Tochter und plötzlich wird alles anders......

Es ist ein ruhiger Roman, eine Geschichte, die davon lebt, dass man aus den Augen der alten Frau das Leben betrachtet. Es ist eine ganz anderes Leben als unseres. Doch zugleich schafft es Alina Bronsky, dass man sich das Häuschen von Baba Dunja vorstellen kann, die Frau, die zwei Stunden laufen zur Bushaltestelle laufen muss um in die Stadt zu kommen. Die kein Internet kennt, die zwar Strom, aber kein fliessendes Wasser im Haus hat. Ihre Gespräche mit den Nachbarn, ihre Gedanken hat die Autorin sehr realistisch geschildert.
Die Geschichte hat gerade mal 180 Seiten, es ist keine Geschichte mit großer Handlung, sondern eher ein ruhiger Strom, der zwischendurch mal durch ein paar Stromschnellen unruhiger wird, um dann am Ende wieder in ruhigen Bahnen dahin zu verlaufen. Und dieses ruhige passt zur Geschichte.

Das Buch hat es aktuell auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2015 geschafft.