Rezension

Einer der größten Justizskandale des 20. Jahrhunderts.

Der Serienkiller, der keiner war - Dan Josefsson

Der Serienkiller, der keiner war
von Dan Josefsson

Bewertet mit 5 Sternen

Wie bewertet man die unglaubliche Geschichte des Mannes, der als gefährlichster Serienkiller Schwedens galt? - Garnicht! Die wahre Geschichte eines unfassbaren Verbrechens. Die Erschaffung eines Serienkillers. Der schwedische Drogenhändler und Kleinkriminelle Sture Bergwall wird Anfang der 90er Jahre in die forensiche Abteilung einer der größten psychiatrischen Kliniken des Landes eingewiesen. Ørjeskogen, Sommer 1997: Um 12.20 Uhr erreichten die Schweden den Ørjeskogen im Südosten Norwegens unweit der schwedischen Grenze. Der Kleinbus und die Polizeiwagen fuhren ein Stück in den Wald hinein, bis die norwegische Polizei sie anwies zu halten. Aus dem Kleinbus stieg ein ungefähr eins neunzig großer, recht durchtrainierter Mann. Er hatte eine Glatze, einen gestutzten Vollbart und trug eine Brille mit Metallbügeln. Der Mann hieß Thomas Quick und war ein Serienmörder. Thomas Quick ist das schlimmste Monster der schwedischen Geschichte – ein Serienkiller, Vergewaltiger, Sadist und Kannibale. So jedenfalls das Bild, das die Medien von ihm erschufen. In den Jahren zwischen 1992 und 2001 gesteht Thomas Quick dreißig Morde und wird für acht davon verurteilt. Bis zum Spätsommer 1992, als er begonnen hatte, seine entsetzlichen Taten zu gestehen, war sein Name jedoch ein anderer gewesen: Sture Bergwall. Schweden, 1991: Sture Bergwall, ein homosexueller Drogenabhängiger und Kleinkrimineller, wird in die geschlossene psychiatrische Einrichtung Säter nördlich von Stockholm eingewiesen. Dort macht er eine Therapie und wird mit Psychopharmaka behandelt. Im Zuge der Behandlung glaubt er, sich an schlimme Traumata aus seiner Kindheit zu "erinnern" und gesteht, als monströser Serienkiller Thomas Quick mehr als 30 Opfer vergewaltigt und getötet zu haben. Doch nichts davon ist wahr nur, daß es einer der größten Justizskandale der Geschichte ist. Fast 20 Jahre später stellte sich heraus: seine Geständnisse waren in der Tat frei erfunden. Dieses Erkenntnis schlägt ein wie eine Bombe. Thomas Quick kann die Morde nicht begangen haben. Es gibt keinen haltbaren technischen Beweis. Thomas Quick ist unschuldig. Unter dem Einfluss seiner Therapeuten gestand er eine Vielzahl von Morden und wurde verurteilt. Seine Motive: verschreibungspflichtige Drogen, Geltungsbewusstsein und der Einfluss seiner Therapeutin und deren Zirkel, die glaubten, mit diesem Fall Geschichte schreiben zu können. Seit Herbst 1992 war Sture in der Klinik als Serienmörder bekannt, doch jetzt siebzehn Jahre später und nach beginn des Wiederaufnahmeverfahrens, wurde er plötzlich behandelt wie Hannibal Lecter. Dan Josefsson schreibt seine Geschichte, seine Vergangenheit und all die schrecklichen Taten die er angeblich getan hat. Er erzählt einen der spektakulärsten Fälle, schildert Tathintergründe, gibt den Blick in seelische Abgründe frei und zeigt: Die Wirklichkeit ist packender als jeder Krimi. Dieses Buch zu lesen war alles andere als leicht und man sollte wirklich harte Nerven haben. Geschockt und fassungslos liest man Seite und Seite und hält sich ständig vor Augen, dass dies keine Geschichte ist, sondern das Leben eines realen Kriminellen. Ich finde den Mut den Dan Josefsson aufbringt dieses Buch zu schreiben unfassbar. Das ist furchtbar, das ist die Wahrheit und das ist vollkommen phänomenaler Lesestoff. Ein literarisches und journalistisches Meisterwerk, verstörend und faszinierend und vor allem hervorragend recherchiert. Das Buch liest sich wie ein Krimi, beschreibt aber eine brutale Wirklichkeit und ist, wie schon erwähnt, meiner Meinung nach nichts für zarte Gemüter.