Rezension

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Eines der besten Bücher für mich

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 5 Sternen

Leben und lassen

Will Traynor ist erfolgreich in seinem Beruf, jung und gutaussehend. Er muss sich um nichts sorgen, geht komplett in seinem Job auf und liebt den Nervenkitzel. Doch dann kommt dieser Augenblick... und der ändert alles...!

Für Lou hat das Leben so manchen Stolperstein bereit gehalten. Ihr Job als Kellnerin wird ihr gekündigt und so geht sie auf Arbeitssuche. Doch die Zeit drängt, denn auch Lous Eltern leben von ihrem Gehalt. Dann entdeckt sie eine Stellenanzeige, die alles verändern wird...

 

Ich möchte mich vorab schon einmal entschuldigen. Meine Rezension enthält dieses Mal auch Spoiler, also bitte ich Leser/ -innen, die „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes noch nicht kennen, Verständnis zu haben und evtl. jetzt (!) mit dem Lesen zu enden (wenn Ihr nicht zu viel erfahren wollt).

Ich kaufte „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes auf der Buchmesse 2013 in Leipzig. Das Cover des Buches und auch der Klappentext brachten mich dazu, noch einmal eine ganze Messehalle abzuwandern um eben dieses Buch wieder zu finden.
Damals ging ich auch noch von einer ganz normalen Liebesgeschichte aus und hatte auch bis dato noch keine Leserstimmen vernommen...

Jojo Moyes war mir als Autorin noch nicht bekannt, aber sie konnte mich sofort von ihrem flüssigen und liebevollen Schreibstil überzeugen. Schnell merkte ich auch, dass dieses Buch Zeit braucht und zwar die richtige Zeit. Aus diesem Grund, las ich in der letzten Woche noch ein anderes Buch zu Ende, um mich dann ganz der Geschichte von Will & Lou widmen zu können.

Mein Eindruck der Geschichte war, dass sich die Autorin langsam näherte. Als Leser lernen wir Will vor dem Unfall kurz kennen und auch Lou erscheint schnell auf der Bildfläche. Gekündigt, verunsichert und in der Not, das Geld für den Unterhalt ihrer Eltern heranschaffen zu müssen. So lernen sich beide schließlich durch einen Zufall kennen und mögen sich zu Beginn noch nicht sonderlich.

Aber allein schon bei der ersten Begegnung kommt es auf die Kleinigkeiten an, die Jojo Moyes beschreibt. Ich selber konnte beide Hauptdarsteller verstehen. Sowohl Lou, die ihren Arbeitgeber nicht sonderlich mag, gerade weil er mürrisch und schlecht gelaunt ist, trotzdem aber auf die gute Bezahlung angewiesen ist und auch Will, der sich nicht wehren kann, gefangen in seinem Körper ist und einfach nicht mehr bevormundet werden möchte.

Wo manch ein Leser/ eine Leserin vielleicht auf eine Geschichte mit rosa Herzen, einem Feuerwerk und einem großen Knall hofft, so muss ich sie hier enttäuschen. Es geht auch um die Liebe, die sich langsam entwickelt. Aber eben diese ist nicht so laut, sondern kommt sehr leise, sehr zärtlich und sehr liebevoll um die Ecke. Es sind die kleinen Momente, die mir Tränen der Rührung brachten. Die Aufmerksamkeiten, die von beiden ausgehen und das große Problem, das zwischen ihnen steht.

Und natürlich, und dies war der größere Punkt für mich, ging es um Wills Leben und seine Entscheidung. Genau dieser Aspekt war es auch, der mich nicht losgelassen hat. Nicht beim Lesen und auch nicht jetzt, 12 Stunden nach Beendigung des Buches. Ich kann seine Wahl verstehen, denn dieses Leben würde ich mir auch nicht wünschen, aber ich kann auch verstehen, dass man sie nicht ohne weiteres hinnehmen möchte.

Und genau da kommt der Punkt, den Jojo Moyes für mich perfekt löste. Sie lässt die Leser entscheiden. Die Autorin schreibt nicht, dass der Weg gut und der schlecht ist. Jeder kann nach Beendigung der Geschichte selbst entscheiden wie er es sehen will.
Frau Moyes beschreibt lediglich die Umstände (und dies in einer sehr guten, neutralen Form) und die Schwierigkeiten in Wills Leben.
Und davor ziehe ich meinen Hut, denn schön geredet wird hier nichts. Ich glaube jeder der dieses Buch liest, wird allein wegen Wills Behinderung darüber nachdenken, wie es für einen selber wäre und wie er mit Menschen umgeht, die dieses Defizit haben.

Vergleiche zu „Ziemlich beste Freunde“ finde ich selber da nicht so gelungen. Die Situation scheint zunächst ähnlich, ist doch aber von der Thematik her eine komplett andere. Wo es im französischen Film/Buch um einen behinderten Mann geht, der lernt das Leben wieder zu genießen, ist es hier eher die Frage ob Will freiwillig stirbt oder nicht.

Zum Ende des Romans möchte ich noch sagen, dass ich es gut finde, wie es ist. Alles andere hätte mich sehr enttäuscht.

Mein Fazit:
Wer dieses Buch noch nicht kennt, sollte in die nächste Buchhandlung laufen und beim Lesen die Taschentücher nicht vergessen!
„Ein ganzes halbes Jahr“ lässt mich sicherlich noch eine ganze Zeit lang nicht los. Es regt zum Nachdenken an und verzaubert mit einer wunderschönen Geschichte. Nämlich die zwischen Will & Lou, die zum Glück ganz ohne Kitsch auskommt.
Eines der besten Bücher, das ich je gelesen habe!