Rezension

Einfach fantastisch!

Triumph des Himmels - Andrea Schacht

Triumph des Himmels
von Andrea Schacht

An Andrea Schacht kommt wohl keiner vorbei, wenn es um gute historische Romane aus Deutschland geht. So wurde mir die Autorin schon von mehreren Seiten wärmstens empfohlen und bei ihrem neuesten Roman „Triumph des Himmels“ habe ich nun auch endlich mal zugegriffen.

Der Roman spielt in den 1920er- Jahren in Frankreich und Deutschland. Ein amerikanisches Ölunternehmen schreibt eine Ralley aus: Vom Triumphbogen bis zum Brandenburger Tor. Was heute eine leicht zu meisternde und gut ausgebaute Strecke ist, war damals noch ein Weg durch unwegsame Gegenden wie die Eifel und das Sauerland, in denen es noch keine richtig befestigten Straßen gab.

In einer Zeit, in der Deutschland sich noch vom 1. Weltkrieg erholen musste und Autos gerade erst im Kommen waren, fehlte das Geld für den Straßenbau.

An der Ralley nehmen nun verschiedene illustre Gestalten teil, die das Geschehen abwechselnd aus ihren Perspektiven erzählen. Zum einen wäre da Alasdair McAlan, kurz „Mac“ genannt, ein etwas abgerissener Weltenbummler mit dunklen Geheimnissen, die das Leben einiger Menschen von Grund auf ändern werden.

Sein ärgster Gegenspieler: Oberst von Braunlage, einst ein geachteter Herr von militärischem Rang, der nun in der Nachkriegszeit allerdings dem Bankrott in die Augen sieht und den Sieg in der Ralley braucht, um wieder ganz oben mitspielen zu können.

Dann wären da noch ein undurchsichtiger Reifenfabrikant, zwei singende englische Brüder und ein verrückter französischer Rennfahrer mit seinen zwei Schwestern.

Und sie alle sind schicksalhaft mit einer Person verbunden: Emmalou Schneider, einer jungen Journalistin aus Berlin, die in der Ralley ihre große Chance sieht, ihre Karriere zu starten. Sie will mit einem geliehenen Flugzeug die Ralley von oben betrachten und so eine einmalige Berichterstattung bieten. Doch auf der Teilnehmerliste findet sich so mancher Name, der Erinnerungen wachruft…

Außerdem im Fokus: Ein Teilnehmer, der den anderen schaden will und nachts heimlich deren Autos manipuliert. Bis fast zum Schluss weiß man nicht, um wen es sich dabei handelt und man macht sich immer wieder neue und immer wieder falsche Gedanken um die Identität dieses fiesen Verbrechers, der schwere Unfälle billigend in Kauf nimmt, nur um das Rennen zu gewinnen. Diese Geschichte heizt die Stimmung noch zusätzlich auf.

In der Mitte des Romans, als sich langsam herauskristallisiert, wie die einzelnen Personen zueinander stehen und was für Erinnerungen und Vergangenheiten sie miteinander teilen, habe ich mir noch gedacht, dass das Ganze etwas konstruiert wirkt. Es ist schon unwahrscheinlich, dass sich so viele Menschen zufällig auf ein und derselben Ralley treffen. Aber dann wird das Buch so spannend, dass man gar nicht mehr denken kann und will.

Ich habe mich noch nie sonderlich für Autos interessiert und Autorennen schaue ich mir schon gar nicht an, aber beim Showdown, den letzten Kilometern vor dem Ziel, hing ich so gebannt vor dem Buch und habe mir die Szenerie, wie die letzten fünf Autos um den Sieg kämpfen, so bildlich vorgestellt, dass ich mich danach etwas über mich selbst gewundert habe. Vielleicht ist mir sogar der Mund offen stehengeblieben – ich kann da nichts versprechen. Das war so spannend! Ich kam kaum damit klar, wie spannend das war.

Ja. Andrea Schachts Bücher stehen nun geschlossen auf meiner Wunschliste. Wenn die anderen auch nur halb so gut und spannend und gut konstruiert und recherchiert geschrieben sind, werden sie alle großartig sein. Und ich muss mich entschuldigen, dass ich im ersten Moment, als von den Vorzügen der Motoren und Reifen geredet wird, doch etwas die Augen verdreht habe. Es tut diesem Buch keinen Abbruch. Eigentlich war es sogar ganz interessant. Und das Ende ist einfach wundervoll, ich hatte so ein breites Grinsen im Gesicht.

(Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich das Buch im Zug gelesen habe, ich habe meinen Mitfahrern also ein schönes Schauspiel geboten, erst sabbernd mit offenem Mund, dann grinsend. Naja. Bei so tollen Büchern ist alles erlaubt!)