Rezension

Einfach lesenswert

Die Töchter des Roten Flusses - Beate Rösler

Die Töchter des Roten Flusses
von Beate Rösler

Die junge Frankfurter Anwältin Tuyet findet nach dem Tod ihrer Stiefmutter ein Bündel ungeöffneter Briefe. Sie sind von ihrer leiblichen Mutter Hanh, zu der sie keinen Kontakt mehr hat. Phong, ihr Vater, kam als junger Mann in die DDR, um dort Medizin zu studieren. Hanh und er kannten sich noch aus Vietnam und hatten zur Zeit des Vietnamkrieges dort bereits erste zarte Bande geknüpft. Um ihm nahe zu sein verdingt sie sich als Leiharbeiterin in der DDR. Ihre Sehnsucht nach Vietnam ist jedoch zu stark und sie fährt mit der älteren Tochter Tien nach Hause, immer in der Hoffnung, dass Phong mit Tuyet, die krank ist und in der DDR bessere Behandlungsmöglichkeiten hat, auch eines Tages in die Heimat zurückfährt.

Beate Rösler hat ein wunderbares Buch geschaffen. Farbenprächtig und detailliert beschreibt sie auf der einen Seite die lebendige Atmosphäre des heutigen Vietnams. Als Leser ist man sofort mitten drin im Gewimmel Hanois, hört das Geknatter der Motorräder, spürt die gnadenlose Hitze und atmet die exotischen Düfte der vielen Straßenküchen ein. Im zweiten Handlungsstrang, der in der Vergangenheit spielt, spürt man die vielen Entbehrungen und Schrecken des Krieges, eine sicherlich bedrückende und düstere Zeit, in der Hanh und Phong auf dem Land ohne ihre Eltern zwar relativ sicher aufwachsen, aber dennoch nicht richtig glücklich sind. Diese Zeit hat die Beiden sicher geprägt, aber wo Hanh sich Geborgenheit und eine Familie wünscht, strebt Phong nach Freiheit und Unabhängigkeit und genau dieser Unterschied sorgt auch dafür, dass eine gemeinsame Zukunft nicht möglich ist. Bereits in der DDR beginnt er das erste Mal zu erahnen, was das Leben für Möglichkeiten haben kann und spätestens nach dem Mauerfall ist seine Entscheidung klar. Hanh dagegen will in Vietnam leben und hofft darauf, dass er wieder zu ihr zurückkommt. Tuyet, die auf der Suche nach ihren Wurzeln ist kommt Stück für Stück und durch teils unglaubliche Zufälle ihrer Vergangenheit nahe. Das Buch ist ein bildgewaltiger, gut recherchierter Familienroman, der deutlich zeigt, dass man besser klare Worte spricht und nicht alles verschweigen sollte. Die Verwendung von vietnamesischen Ausdrücken gibt dem Buch  noch mehrAuthentizität, man merkt, dass die Autorin in Hanoi lebt. Man erfährt viel über diese faszinierende Kultur und taucht tief ein in die deutsch-vietnamesische Geschichte. Von mir gibt es fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung.