Rezension

Einfach nur bezaubernd

Bevor die Stadt erwacht - Kerstin Hohlfeld

Bevor die Stadt erwacht
von Kerstin Hohlfeld

Bewertet mit 5 Sternen

Elias ist das einzige Kind seiner allein erziehenden Mutter Amelie. Um die beiden über die Runden zu bekommen, arbeitet Amelie auf 2 Arbeitsstellen. Um Zeit für Elias zu haben, arbeitet sie in der Nacht als Putzkraft und nach der Nachtschicht in einem Feinkostladen.
Elias ist ein feinfühliges liebes Kind, das spürt, wie schwer es seine Mutter hat. Es geht auf Weihnachten zu und er schreibt an den Weihnachtsmann einen Zettel mit dem Wunsch, dass seine Mutter es leichter hätte und nicht immer so müde wäre. Den Brief gibt er seiner Mutter, die ihn abschicken soll. 
Doch bei der Zustellung des Briefes geht etwas schief, denn er landet nicht wie gewünscht im Briefkasten, sondern bei dem griesgrämigen  Komponisten Ephraim Sasse.
Dieser lebt allein und zurückgezogen und versucht, eine Weihnachtsphantasie zu komponieren. Aber sein Kopf ist wie leer, hinzu kommt noch der Lärm und Stress, den der vor seiner Tür aufgestellte Weihnachtsmarkt mit sich bringt. Er ist mit sich und der Welt böse und behauptet, das würde man mit Absicht machen.

Als der Wunschzettel von Elias mitsamt gelieferten Backwaren bei ihm landet, hält er es für einen Trick, sich Almosen zu ergaunern. Er hadert mit sich und der Welt und lässt seinen Frust an allen anderen aus.
Doch der Brief bewirkt etwas in ihm und er springt über seinen Schatten und versucht, anderen zu helfen...

In der bezaubernden Geschichte von Kerstin Hohlfeld, die um die Weihnachtszeit spielt, geht es um die allein erziehende Amelie und ihren Sohn Elias, für den sie alles tun würde. Ohne zu murren hat sie 2 Jobs, damit sie ihre kleine Familie über Wasser halten kann. Aber durch die Missgunst anderer scheint nun einer der beiden Jobs wegzufallen und sie sieht sich in der Zwangslage.

Der Komponist Ephraim Sasse ist ein in sich zurückgezogener Kauz, der nur für seine Musik lebt, die ihm aber momentan abhanden gekommen scheint. 
Alles in seinem Leben geht seinen geregelten Gang, mit Abweichungen kann er schlecht umgehen. Er ist kein Menschenfreund und tut sich schwer mit ihnen, vor allem, wenn fremde Menschen seine Kreise berühren.
Als sich seine Haushälterin, die er wie ein Möbelstück behandelt, das Bein bricht und für eine ganze Weile ausfällt, sieht es schlecht aus mit seinem geregelten Tagesablauf. Der Ersatz für diese lässt sich nichts sagen und macht ihm das Leben schwer.

Amelies und Ephraims Wege kreuzen sich des öfteren und so bleibt es nicht aus, dass Ephraim von Amelies Nöten erfährt. Sie berührt etwas in ihm und so beginnt er den Versuch, ihr zu helfen.

Amelie ist die Mutter, die sich ein kleiner Junge nur wünschen kann. Sie ist immer für ihn da und versucht, seine Wünsche zu erfüllen. Sie ist fleißig und strebsam und hat ein Händchen für schöne Auslagen im Feinkostgeschäft. Aber sie hat ein Handicap, das ihr nun zum Verhängnis wird.
Ephraim ist ein Einzelgänger, immer mürrisch, unzufrieden und auf sich selbst bezogen. Ein Mann, den man nicht mögen muss und der alles andere als Sympathie in einem weckt. Und doch ist genau er es, der die größte Wandlung in der Geschichte durchmacht.

Es ist eine ans Herz gehende Geschichte, die nicht nur zur Weihnachtszeit gelesen werden sollte.
Sie berührt den Leser, macht ihn empfänglich für die Sorgen und Nöte anderer.
Das Buch spricht Dinge an wie existenziellen Arbeitsplatzverlust, finanzielle Nöte, Einsamkeit, aber auch den Wünschen auf ein besseres, leichteres Leben.

Neben den beiden Hauptsträngen von Amelie und Elias wie auch Ephraim gibt es viele kleinere Geschichten um Menschen mit ihren Sorgen und Nöten, die das Buch zu einem Ganzen machen.

Es ist ein wunderbares Buch, das mich angesprochen hat, das mich mitfühlen ließ und das man nicht aus der Hand legen mag.
Ich empfehle es sehr gern weiter und das nicht nur zur Weihnachtszeit.