Rezension

Einfach zauberhaft...

Léon und Louise - Alex Capus

Léon und Louise
von Alex Capus

Bewertet mit 5 Sternen

Zwei junge Leute verlieben sich, aber der Krieg bringt sie auseinander - das ist die Geschichte von Léon und Louise. Alex Capus erzählt mit wunderbarer Leichtigkeit und großer Intensität von einem Paar, das gegen alle Konventionen an seiner Liebe festhält.

Das Buch beginnt mit dem Trauergottesdienst für Léon Le Gall im Jahr 1986. Aufgebahrt in der Kirche Notre-Dame in Paris, nehmen die zahlreichen Familienmitglieder von ihm Abschied, als sich die Tür öffnet und eine kleine resolute weißhaarig Dame ohne Zögern eintritt und geradewegs zum Sarg geht.
Ohne sich um die Blicke der anderen zu kümmern, küsst sie Léon ein letztes Mal - und legt ihm etwas in den Sarg: eine alte Fahrradklingel mit halbkugelförmiger Glocke, die sie zum Abschied noch zweimal betätigt. Rrii-Rring, Rrii-Rring. Dann verschwindet sie genauso wie sie kam.

Louise Janvier, die große Liebe Léons, seit sie sich mit 17 Jahren das erste Mal begegnen. Das ist 1918, in den Kriegswirren des Ersten Weltkrieges, als Léon mit dem Fahrrad unterwegs ist nach Saint-Luc-Marne, wo er am Bahnhof seinen Posten als Morseassistent antreten soll. Mehrfach überholt ihn da mit quietschendem Rad ein Mädchen in gepunkteter Bluse, in die sich Léon gleich verliebt.
Zarte erste Bande, eine Liebesnacht am Strand - doch jäh findet das Miteinander ein Ende, als auf der Rückfahrt in die kleine Stadt beide unabhängig voneinander von Einschlägen deutscher Artillerie getroffen werden. Schwer verletzt kämpfen beide um ihr Leben - und halten den jeweils anderen für tot...

Zehn Jahre später begegnen sich beide zufällig in Paris wieder. Erschreckt, erfreut, fassunslos. Doch Léon hat inzwischen geheiratet, hat einen vierjährigen Sohn und ein weiteres Kind ist unterwegs. Einen einzigen Tag und eine Nacht stehlen sich die Liebenden dennoch, unersättlich, bevor sie beschließen, sich nie wiederzusehen.
Doch im Laufe des Lebens kreuzen sich immer wieder einmal ihre Wege, und immer träumen die beiden voneinander, nicht verzehrend, aber doch stets mit einer glimmenden Glut, die sie im Leben warmhält. Auch als Louise im Zweiten Weltkrieg Frankreich verlässt und Léon nur alle paar Jahre mit einem Brief über ihr Leben in Kenntnis setzt, verlöscht diese Liebe nicht...

Eine ganz zarte Erzählung wird hier vorgelegt, eine Liebesgeschichte zwar, aber ohne Schnörkel und ohne ins Kitschige zu verfallen, in einem nahezu poetischen Stil. Mit leichter Hand und wie nebenher skizziert Capus darüber hinaus ein Stück europäischer Geschichte, schwerpunktmäßig zu Zeiten der beiden Weltkriege.
Tragische wie komische Begebenheiten ohne dramatische Untertöne werden wie ein Biderreigen vor dem Leser ausgebreitet. Dabei schließt man fast unmerklich beide ins Herz: die resolute, selbstbewusste, schlagfertige, freche, herrlich unkonventionelle Louise genauso wie den eher ruhigen, sich selbst genügenden, treuen, geradlinigen Léon.

Ein bittersüßes Lesevergnügen, das einfach nur empfehlenswert ist...

© Parden

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Auch hierzu gibt es wieder eine bebilderte und aufbereitete Version in unserem Blog:

http://www.litterae-artesque.blogspot.de/2013/08/capus-alex-leon-und-lou...