Rezension

Einfühlsam und voller Hoffnung

Wo der Regenbogen anfängt (Liebe, Drama) - Julia Bohndorf

Wo der Regenbogen anfängt (Liebe, Drama)
von Julia Bohndorf

Bewertet mit 5 Sternen

Die Ich – Erzählerin Maeve ist 17 Jahre alt, als sie ihren Urlaub bei Onkel und Tante in Irland verbringt. Dort verlässt sie kurz vor ihrer Abreise heimlich ihren Freund. Bei der nächtlichen Rückkehr fällt das Handy ins Wasser. Die Kontaktdaten sind verloren.

Dann vergehen vier Jahre. Maeve ist mittlerweile Vollwaise. Ihre 10jährige Schwester Niamh liegt mit Leukämie auf der Onkologiestation des Krankenhauses in Berlin. Gerade hat Maeve die Nachricht erhalten, dass sie als Spender für Niamh nicht in Frage kommt.

Doch Niamhs Gesundheitszustand hat sich soweit stabilisiert, dass der Professor eine 8tägige Reise nach Dublin befürwortet. In Dublin soll dann die Behandlung fortgesetzt werden.

Die Autorin hat eine berührende Geschichte über zwei Schwestern geschrieben. Die Erzählung hat mich schnell gefesselt.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das ist zum einen die Oma der beiden. Die lebenskluge Frau hat immer ein Ohr für ihre Enkel und kann jeder Situation noch etwas Gutes abgewinnen.

Maeve hat nach dem Tod der Eltern die Schule abgebrochen, um für ihre Schwester da zu sein. Das liebevolle Verhältnis der beiden zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Niamh ist trotz ihrer Krankheit ganz Kind geblieben. Natürlich macht sie während der Chemo harte Zeiten durch. Das wird auch nicht verschwinden, soweit es die Handlung tangiert. Trotzdem hat sie ihren Humor, ihre Neugier und ihre Hoffnung auf eine gesunde Zukunft nie aufgegeben.

Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Die Reise der beiden wird sehr detailliert beschrieben. Ich darf die Schönheit der Landschaft, die ich zum Teil selbst kenne, an meinen Augen vorbeiziehen lassen. Treffende Metapher und gekonnt eingesetzte Adjektive sorgen für die bildhafte Sprache. Andererseits wird deutlich, in welchem Dilemma Maeve steckt. Einerseits möchte sie Niamh viele bleibende und ablenkende Erlebnisse bescheren, andererseits muss sie aufpassen, ihre Schwester kräftemäßig nicht zu überfordern. Eine schwierige Balance ist es auch, jemand anderes hilfreich unter die Arme zu greifen und sich selbst helfen zu lassen. Maeve ist immer für ihre Schwester da. Als es ihr selbst nicht gut geht, weigert sie sich aber, über ihre Befindlichkeiten zu sprechen. Glücklicherweise ist Niamh nicht auf den Mund gefallen und macht ihr klar, was sie davon hält.

Zwei stilistischen Besonderheiten hat die Autorin eingearbeitet. Das ist zum einen Niamhs Tagebuch. Hier erfahre ich die Geschichte aus ihre Sicht – und die kann durchaus etwas anders sein als die der Schwester. Der kindlich lockere Schreibstil ist besonders eindrucksvoll – sowohl bei positiven als auch negativen Erlebnissen. Das zweite Stilmittel ist ein Traum, den beide Mädchen auf ähnliche Art an einem zauberhaften See haben. Er gibt mir als Leser das Gefühl, dass Niamh Hilfe werden wird. Besonders gefallen haben mir die Gespräche der Schwestern. Niamhs Wortspiele und Wortverdrehungen lockern den Ernst der Handlung auf und haben mich häufig zum Schmunzeln gebracht.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der liebevolle Umgang der Protagonisten miteinander, der teilweise ernste, teilweise romantische Schriftstil und der feine Humor, der sich durch die Erzählung zieht, haben dazu beigetragen.