Rezension

Einundzwanzig Zigaretten für ein Leben

Drehtür - Katja Lange-Müller

Drehtür
von Katja Lange-Müller

Bewertet mit 3 Sternen

Asta ist kein Schäferhund. Sie ist trotz ihres Namens eine ältere Frau, die einen Großteil ihres erwachsenen Lebens im Ausland verbracht hat, als Krankenschwester in Krisengebieten, Dritte-Welt-Ländern, wohin auch immer das Leben sie getrieben hat. Und getrieben ist das Stichwort, denn das ist sie. Sie steht neben einer Drehtür im Münchner Flughafen; ihr Koffer ist verschwunden, weiß der Geier wohin, sie hat nur ein One-Way-Ticket und keinen Plan, was sie tun soll. Ist sie aus ihrem letzten Beruf gemobbt worden oder hat sie wirklich all die angeprangerten Fehler begangen? Jetzt steht sie hier an der Drehtür, wartend, rauchend, sinnierend. Das Leben oder eher Menschen, die ihr Leben prägten, ziehen an ihr vorbei.

Asta beobachtet Leute und wenn ihr jemand bekannt vorkommt, erzählt sie von jemandem, den sie kannte. Das funktioniert ganz gut, darunter sind teilweise skurrile Erzählungen, die sich weniger mit Astas unspektakulärem Leben befassen, sondern mit Menschen darin, doch die Verbindung, die sie mit Asta haben, macht es zwischendurch interessant. Nicht immer, die Katzen- und Kurtgeschichte in Tunesien mit Ausnahme der dicken, verunglückten Frau hätte man sich sparen können. Zumindest wird immer klarer, dass Asta nur durch andere lebt, durch das Helfen, durch die Lebensgeschichten von Bekannten, sie selbst hat schon in der Jugend sämtliche Wurzeln zerschnitten und sich nie wieder neu angepflanzt. Irgendwie eine extrem bedauernswerte Person, diese Asta, dann wieder doch nicht, weil alles immer trübsinnig ist und man sich fragt, warum sie nicht mehr aus sich gemacht hat. Das Ende ist vorhersehbar, als würde nichts mehr einfallen oder die Autorin nicht mutig genug, etwas Neues zu erschaffen, aber es passt zu der depressiven Aufmachung des Deutschen Bücherpreises.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 07. September 2016 um 10:35

"Depressive Aufmachung des Buchpreises"... Ich bin gespannt, ob auch was anderes zu finden ist bei den Longlistlern!

E-möbe kommentierte am 07. September 2016 um 20:48

Solltest du was finden, sag's mir. Trau mich nicht mehr, noch mehr von der Longlist anzufordern.

wandagreen kommentierte am 07. September 2016 um 21:09

Ich such dir was aus, warte mal ...Versuche es mal mit "Die Witwen" . Eva Schmidt mag ich persönlich sehr, sie ist nachdenklich, ein bisschen schwer, ein bisschen leicht "Ein langes Jahr", es könnte dir gefallen und von Hool von Phillip Winkler verspreche ich mir sehr viel!

E-möbe kommentierte am 07. September 2016 um 21:21

Bei Hool hab ich überlegt, aber dann gesehen, dass er nicht mal Erfahrungen aus erster Hand hat. Ich hab da wenigstens welche aus zweiter Hand. Ein Homie von mir war voll der schüchterne nette Typ von nebenan, aber immer wenn das Wochenende kam und sein Wald- und Wiesenverein ein Spiel irgendwo hatte, sind die da mitgefahren und haben sich mit den anderen Vollpfosten geprügelt. Wenn ich jetzt Hool lese und es mit den Erzählungen vergleiche und mir denke, das ist alles Humbug, dann ... Immer diese schwierigen Sachen.

wandagreen kommentierte am 07. September 2016 um 22:03

Hast du mal mit ihm darüber geredet? Ich wüsste zu gern, was diese Leute antreibt. Winkler sagt selber, es sei Fiktion. So muss man es auch lesen, wie die Gedanken, die man sich selber machen würde. Recherchen hat er schon betrieben.

E-möbe kommentierte am 07. September 2016 um 22:19

Natürlich, oft. War ja ein guter Freund von mir. Oder meinst du Winkler? Mit dem hab ich nicht geredet. ^^

Ich hab's so verstanden, dass es ein Gefühl von Macht gibt. Da ist eine Gruppe, die, der du angehörst. Und da sind die anderen. Die kriegen aufs Maul. Oft genug du auch, aber das tut in dem Moment, wo's passiert nicht weh, weil alles viel zu geil ist.

Ist nicht mein Ding. Ich weiß zwar, was er sagen wollte, auf rationaler Ebene. Aber wirklich kapiert hab ich's nicht.