Rezension

Einzahl, nicht Mehrzahl

The Girls - Emma Cline

The Girls
von Emma Cline

Die Rezension behandelt das Hörbuch

 

Zum Inhalt:
Evie Boyd ist unglücklich: Ihre Eltern sind frisch getrennt, der angebetete Junge wird Vater. Da sieht sie zufällig eine Gruppe etwas älterer Mädchen im Park, die Evie sofort faszinieren: Selbstbewusst, leicht abgerissen, leben diese in einer Art Hippie-Kommune zusammen mit einem charismatischen Führer namens Russell. Die 14jährige Evie ist hingerissen und lässt sich mit Leib und einem großen Teil ihrer Seele vereinnahmen.

Mein Eindruck:
Fälschlicherweise suggerieren Klappentext und Titel, dass es hauptsächlich um die jungen Frauen im Dunstkreis von Charles Manson geht, der hier als fiktive Person den Namen Russell trägt. Die Geschichte befasst sich jedoch vielmehr mit Evie, einem jungen Mädchen in einer schwierigen Phase, welche sich später als Frau in mittleren Jahren an die Zeit mit der Gruppe zurückerinnert. Mit diesem Wissen der erwachsenen Frau spielt der Roman und lässt seine Protagonistin abgeklärt, zuweilen distanziert und reif über ihr jüngeres Selbst erzählen und urteilen.
Die Selbstfindung des Teenagers weiß die Autorin in ihrem Debüt gekonnt in Szene zu setzen. Ihre Beschreibungen sind ausführlich und befassen sich oft mit Vergleichen, so dass die Lesenden eine gute Vorstellung von Evie und ihrer Umgebung bekommen. Aber eine Selbstfindung eines Teenagers habe ich ehrlicherweise mit meiner zugegebenermaßen voyeuristischen Grundeinstellung zu dem Buch nicht erwartet und bin deshalb insgesamt leicht enttäuscht. Die Hoffnung auf tiefere Einblicke, warum so viele junge Menschen dermaßen diesem grausamen und selbstgerechten Guru verfielen, blieb unerfüllt. Zwar zeigt sich Evies Götterverehrung, die anderen Mitglieder der Gruppe sind jedoch älter und man hätte - trotz aller Drogen - etwas mehr Verstand und Herz erwarten können.

Die Rahmenhandlung in "heutiger" Zeit war für mich verstörend und unglaubwürdig. Trotz ihrer großen Erfahrungen wirkt Evie immer noch verhuscht, die Episode um sie als erwachsene Frau, die sich mit ein paar Teenagern herumschlägt, ist eher Lückenfüller als dass es die Geschichte voranbringt oder Erklärungen für ihr damaliges Verhalten anbietet.

Ein großes Kompliment gebührt jedoch der Sprecherin, die beiden, junger wie alter Evie, Leben einhaucht.

Mein Fazit:
Eine wirklich sehr schön geschriebene und wortgewaltige Geschichte über Pubertät in den späten 60er-Jahren, leider wird die spannende Story, die für den Klappentext als Aufhänger dient, zu wenig gewürdigt.

3 Sterne