Rezension

einzigartige Mischung aus Spannung und Situationskomik

Opferzeit - Paul Cleave

Opferzeit
von Paul Cleave

Bewertet mit 5 Sternen

Joe, der Schlächter von Christchurch sitzt seit fast einem Jahr im Gefängnis und wartet auf seinen Prozeß, der in wenigen Tagen stattfinden soll. Seine damalige Freundin und Komplizin Melissa fürchtet, dass Joe sie durch seine Aussagen belasten könnte und plant ein Attentat auf ihn. Auf dem Weg zum Gerichtsgebäude will sie ihn ausschalten, damit er erst gar keine Gelegenheit hat, auszusagen. Wird ihr Plan gelingen?

"Opferzeit" ist die Fortsetzung von "Der siebte Tod", den ich leider noch nicht gelesen habe. Das Buch kann gut für sich alleine gelesen werden, wobei es aber bestimmt sinnvoll ist, mit dem ersten Teil anzufangen um die Personen besser kennenzulernen. Das Buch war für mich eine echte Überraschung, so ganz anders als alle anderen Krimis und Thriller die ich bisher gelesen habe. Das liegt vor allem daran, dass man hier ganz tief in Joes Psyche eintauchen kann. In die Psyche eines Mannes, der sich selbst für unschuldig und keinen schlechten Menschen hält. Für einen Serienmörder sehr außergewöhnlich. Dabei ist oftmals nicht ganz klar was gespielt ist und wie Joe wirklich tickt. Seine Gedanken stehen oft im Widerspruch zum Gesagten. Durch die Gespräche mit seiner Psychologin erfährt man viel über seine Kindheit, die ihn zu dem Menschen gemacht hat, der er jetzt ist.

Joe ist eine vielschichtige Persönlichkeit und schafft es, dass der Leser tatsächlich Sympathien für ihn entwickelt. Dazu trägt auch die Erzählweise aus der Ich-Perspektive bei, die der Autor bei Joes Kapiteln verwendet. Doch auch die anderen Protagonisten wie Melissa und Detektive Schroder sind detailliert ausgearbeitete Persönlichkeiten, die sowohl gute als auch schlechte Eigenschaften aufweisen. Mir gefällt, dass der Autor hier komplett auf Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet, es gibt keine Trennung in nur Gut und nur Böse, sondern viele Zwischenschichten.

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert, wobei Joes Parts überwiegen. Andere Erzähler sind Melissa und Detektive Schroder. So ist man als Leser immer gut informiert. Was nicht heißt, dass der Autor keine überraschenden Wendungen eingebaut hat, denn davon gibt es einige. Sehr positiv habe ich den Schreibstil empfunden. Er ist sehr detailliert, mein Kopfkino hat sich hier verselbständigt und einige Szenen liefen wie ein Film ab.  Akribisch werden Dinge beschrieben, die ich manchmal lieber gar nicht so genau erfahren hätte. Dabei schafft der Autor eine einzigartige Mischung aus Spannung und Situationskomik, die selbst bei Ekelszenen für Lachanfälle sorgte. Eine ganz neue Erfahrung für mich, da ich mich an keinen Thriller erinnern kann, bei dem ich so viel Lachen mußte und so viel Spaß hatte.

Fazit: "Opferzeit" hat genau meinen Nerv getroffen, ich fand das Buch unglaublich gut und für einen Thriller ganz außergewöhnlich. Auf jeden Fall zu empfehlen!