Rezension

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E.L. James meets Nicholas Sparks - hätten sie aber besser nicht getan

Wie die Luft zum Atmen - Brittainy C. Cherry

Wie die Luft zum Atmen
von Brittainy C. Cherry

Liz und Tristan - zwei völlig verschiedene Menschen, die jeder für sich eine Tragödie erleben, deren Schmerz ihnen gemein ist. Liz verliert ihren Mann, Tristan seine Frau und seinen Sohn - beide verlieren von heute auf morgen den Boden unter den Füßen und das Leben, das sie bisher gelebt haben. Doch wie der Zufall es will, begegnen sie sich und erkennen sich in den jeweils anderen wieder. Doch mancher Schmerz sitzt so tief, dass er nur schwer zu überwinden ist und manche Beziehungen werden auch von der Vergangenheit eingeholt...

Drama wurde einem bei dem Buch versprochen und Drama hat es auch gegeben - nur leider nicht so, wie ich es erwartet hatte.
Vorab muss ich gestehen, so sehr ich traurige Geschichten auch liebe und auch gerne mal eine kitschige Romanze verschlinge, so hat jeder Kitsch aber dennoch auch seine Grenzen, die die Autorin in meinem Fall zu sehr überschritten hat.
Die Handlung war klar: Liz hat ihren Mann verloren, Tristan seinen Sohn und seine Frau: beides die denkbar schlimmsten Voraussetzungen - eine schlimmer als die andere -, um sein gewohntes Leben weiter zu leben. Es ist also auch nicht überraschend, dass man als Leser sofort erfährt, dass beide es nicht geschafft haben, beide mussten quasi bei Null neu anfangen. Ich machte mich also auf viele Tränen gefasst - auf beiden Seiten, also sowohl bei mir, als auch bei den Romanfiguren. Die aber bei mir überraschend ausblieben! Das war am Anfang schockierend, schließlich aber erklärbar. Anfangs fragte ich mich, ob es daran liegen konnte, dass ich selbst noch nicht so einen großen Verlust erlebt habe oder aber daran, dass ich keine Mutter bin, obwohl solche Differenzen zu den Romanfiguren sonst auch noch nie ein Hindernis dargestellt haben. Es musste also eher an der Konzeption der Handlung und der Figuren liegen, und ich brauchte auch nicht viele Seiten, um dieses bestätigt zu finden. Die Handlung des Romans schreitet viel zu schnell voran, sodass ich kaum bis keinen Zugang zu den beiden Protagonisten gefunden habe und auch ihr emotionaler Schmerz mir völlig fremd blieb. Man wird direkt in die Story hineingeworfen, allerdings mit einem Jahr Abstand zu den tragischen Ereignissen. Man erfährt also nur sehr wenig bis fast nichts über die Menschen, die die beiden verloren haben, was diese sehr abstrakt und fremd bleiben lässt, sodass auch die Trauer über ihren Verlust irgendwie abstrakt bleibt. Es erscheint im Gegenteil sehr mühselig, wenn man als Leser am Anfang des Roman das Gefühl bekommt, dass sich vorallem Liz nach einem Jahr immer noch am Anfang ihres Trauerprozesses befindet, dem sie sich aber nun voll und ganz hingibt, weil sie erst jetzt in das gemeinsame Haus zurückkehrt. Doch das war erst der Anfang (bzw. auch schon fast wieder das Ende, des Trauerspiels): Denn kaum Zuhause angekommen und also ohne Schonung mit der Vergangenheit und dem Verlust konfrontiert, trifft sie Tristan und ist von da an gedanklich quasi besessen von ihm. Unglaubwürdig wurde die Handlung für mich bereits ab diesem Zeitpunkt und von da an ging es kontinuierlich bergab, von einigen wenigen Lichtblicken einmal abgesehen. Die Beziehung der beiden entwickelte sich von da an rasant schnell, immer begleitet von kurzen völlig unverständlichen Rückfällen in totale Trauerzustände: Vom ersten einseitigen Interesse von Seiten Liz', über die explizit beschriebene Sex-Beziehung der beiden (nicht die Begrifflichkeiten waren das Problem, sondern, dass sie so überraschend aufgetaucht sind), in der sie grundsätzlich an den verlorenen Partner denken, bis hin zu den schnellen Liebesgeständnissen, die bei Liz dennoch Zweifel an der Beziehung kommen lassen - alles gekrönt von teilweise teifgründigen Gedanken und Aussagen, die allerdings mit eine Pathos formuliert werden, dass man sie nicht mehr recht glauben mag. Ich glaube nicht einmal, dass die Handlungen der beiden Protagonisten grundsätzlich unglaubwürdig oder unrealistisch sind, aber die Autorin schafft es leider einfach nicht, sie emotional nachvollziehbar darzustellen. 
Das Ende des Romans samt seines plot points waren recht zeitig vorauszusehen (obwohl ich beim Lesen nur gehofft habe, dass es nicht so kommt) und stellen mit das Enttäuschenste am ganzen Roman dar.
Lichtblicke waren stattdessen viele der Randfiguren, wie Emma, Liz' 5-jährige Tochter (die für ihr Alter allerdings viel zu reif erscheint, sodass man sie sich ohne weitres als 10-Jährige vorstellt), und ihre Dialoge mit Tristan, Faye, Liz' beste Freundin, die ein ziemlich flapsiges Mundwerk hat, aber für sehr viel Spaß im Roman sorgt, oder Mr. Henson, Tristans neuer Arbeitgeber.

Der Roman ist ein Kitsch-Roman durch und durch ohne viel Tiefe, mit Ausnahme von Floskeln, die man überall schon einmal vorher gelesen hat. Wer sich gerne einmal für ein paar Stunden von einer oberflächlich traurigen Romanze ablenken lassen möchte, ist bei dem Buch genau richtig, doch mit der letzten Seite und dem Zuklappen des Buches ist die Geschichte auch quasi wieder vergessen.
Schade!