Rezension

Emotional Man

Briefe an die grüne Fee - Salih Jamal

Briefe an die grüne Fee
von Salih Jamal

Bewertet mit 4 Sternen

“Macht die Augen zu”, sagte Frederick und kletterte auf einen großen Stein. “Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind? Warm, schön und golden.” Leo Lionni

Ein Mann sitzt auf dem Dach, dabei hat er 15 Briefe an seine letzte Geliebte und den alten rostigen Armeerevolvers seines Großvaters. In dieser Nacht zieht er Resümee über sein bisheriges Leben. Er schildert seinen oftmals skurrilen Werdegang mit seinen MacJobs, seinen Freundschaften und seinen Beziehung zu Frauen.

Immer im Streben nach der größtmöglichen Freiheit ist er trotz allem auch immer auf der Suche nach der Liebe und Nähe. Nähe, die wie „…die Entdeckung eines unbekannten Landes, welches man mit jedem Schritt neu erkundet und doch instinktiv, schlafwandlerisch kennt…“ ist. (S. 40)

Der Erzähler ist kein guter Mensch, ich mochte ihn nicht sehr. Er trinkt, kifft, stiehlt und betrügt, oft die, die ihm am nächsten stehen. Und er kommt durch damit, immer wieder. Sein Lebensmotto wurde von dem kleinen Mäuserich Frederick, ja dem Kinderbuchklassiker Mäuslein, geprägt. Während alle anderen Mäuse ackern und schuften, liegt Fredrick in der Sonne. Für den Winter hat er nichts beigetragen, doch dann an den dunklen Tagen während der an den Vorräten der anderen teilhaben will, wärmt Frederick die Kollegen mit seinen Erinnerungen. Natürlich muss es sie geben diese Fredericks, sonst hätten wir keine Blumen des Bösen, keine Dorian Grey und keine Sonnenblumen, aber für all die anderen Träumer und Seiltänzer wird die Rechnung oft später präsentiert und nicht immer vom richtigen bezahlt. So ergeht es schließlich auch dem Briefeschreiber.

Ich mochte die Art des Erzählens sehr. Flapsig lustige Episoden wechselten sich mit philosophischen Gedanken ab. Salih Jamal schafft es gekonnt, Gefühle zu erwecken, für und bei  mir zumeist gegen den Protagonisten. Die Figur des Erzählers in diesem Buch erzeugte bei mir  einen gewissen „Doctor House Effekt“, jeder findet ihn in seiner Exaltiertheit genial, doch niemand schafft es, mit ihm leben zu wollen.

Gelungen fand ich auch viele Bilder, die beim Lesen entstanden. Gleich zu Beginn entlehnt der Autor eine Namen aus der griechischen Mythologie, Charon der Fährmann in die Unterwelt wird zur geheimnisvollen Sharon. Und wer denkt bei diesem Namen nicht gleich an Eispickel. Ja, und ein „wundgescheuertes Herz geht so lange zum Messer bis es still steht.“ . (S. 153) Sticht, singt Hansi Hölzl aka Falco in Emotional Man, dieses Buch ist einfach ein Langversion dieses wunderbaren Leides.*)

Die Vorstellung, dass wir alle Spielfiguren auf dem Schachbrett Gottes sind, scheitert für mich einzig allen an dem Gedanken, dass ich nicht an die Existenz eines Gottes glaube, der mit uns spielen kann. Aber manchmal scheint mir das Leben so als wären wir unfreiwillig in einer Truman Story für ein japanisches Sitcompublikum geraten.

Drum sollten wir alle darauf achten, auf das hier und jetzt, um nah dran am Glück zu sein. Wir haben nur diese eine Chance.

*) Hierbei handelt es sich um einen unbeabsichtigten Tippfehler, den ich ob seiner Treffsicherheit stehen lasse.