Rezension

Emotionale Liebesgeschichte mit Schwächen auf hohem Niveau

Nächstes Jahr am selben Tag - Colleen Hoover

Nächstes Jahr am selben Tag
von Colleen Hoover

Bewertet mit 4 Sternen

Jedes einzelne Buch von Colleen Hoover ist in meinen Augen ein Must-Have! Ihre Bücher sind nicht alle perfekt, mal liefert sie sehr, sehr gut ab, dann wieder zeigen sich größere Schwächen, aber die Grundideen sind immer so genial, dass wirklich jedes Buch eine neue Überraschung für mich bereit hält, von der ich denke, ja, da ist noch niemand drauf gekommen.

Auch „Nächstes Jahr am selben Tag“ hält so eine Überraschung bereit. Diesmal spielt die Handlung nur an genau fünf Tagen über fünf Jahre verteilt. So eine ähnliche Idee kennt man beispielsweise aus „Zwei an einem Tag“, aber hier ist das Besondere eben, dass die Charaktere an den 364 anderen Tagen im Jahr keinerlei Kontakt miteinander haben. Diese Erzählidee beinhaltet einige Stärken, aber Schwächen. Die Stärken sind, dass so emotional wieder eine gewaltige Packung geliefert wird, denn ein Jahr aufeinander hinfiebern bietet natürlich einiges an aufgestauten Gefühlen, die sich jedes Mal ihren Weg nach draußen bahnen. Man wird regelrecht von all diesen Gefühlen mitgerissen und das ist ohnehin eine große Stärke von Hoover. Als zweiten starken Punkt möchte ich erwähnen, dass durch diese Erzählweise eine große Spannung geboten wird. Man weiß nicht, was in den einem Jahr passiert ist, so dass immer wieder kleine Überraschungen geboten werden, dass man selbst miträtselt, also wirklich durch die Geschichte fliegt.

Negativ möchte ich dagegen festhalten, dass die Erzählweise wieder einen sehr starken Fokus auf die zwei Figuren legt, ohne dass die beiden als Charaktere aber wirklich mit dem Leser wachsen können. Dadurch, dass wir die Figuren nicht über die Jahre konstant begleiten, sondern immer nur an einem Tag treffen, geht es wenig um die beiden Figuren an sich, sondern fast nur um ihr Zusammensein und was sich dem in den Weg legt. Natürlich merke ich, dass Fallon immer selbstbewusster geworden ist, aber ich habe sie auf diesem Weg nicht begleitet, diese Info wurde mir einfach vorgesetzt. Das lässt sich an sehr vielen Punkten festmachen, aber ich denke es sollte schon klar sein, wo der Kern meiner Kritik liegt.

Die Figuren an sich sind natürlich mit ihrem Ballast aus der Vergangenheit perfekt für eine Liebesgeschichte zum Mitleiden geeignet. Alleine bei ihrer Hintergrundgeschichte bin ich schon emotional voll dabei, aber wenn die beiden zusammen sind, steigert sich das nochmal ins Unermessliche. Die beiden haben einfach eine tolle Chemie, die mich mitreißt. Dennoch steigert sich bei mir mit Buch für Buch das Gefühl, dass die Charaktere bei Hoover immer die Gleichen sind, nur die Personennamen ändern sich. So sehr sich Hoover in ihren Grundideen immer wieder neu erfindet, so monoton arbeitet sie andererseits auf der Figurenseite. Natürlich ist Ben anbetungswürdig, aber das sind Hoovers männliche Figuren immer. Die weiblichen Figuren sind dann meistens die, die vollkommen grundlos Drama erzeugen und jedweder Vernunft handeln. Das ist jetzt hier Meckern auf hohem Niveau, aber manchmal würde ich mir schon wünschen, dass Hoover mich auch mal mit den Charakteren überrascht.

Fazit: Colleen Hoover verarbeitet erneut eine tolle neue Grundidee, die das Potenzial für eine hochemotionale Liebesgeschichte perfekt nutzt. Emotional wurde ich absolut abgeholt, aber technisch weist die Geschichte Schwächen auf. Zum einen fehlt durch die Erzählweise die in meinen Augen immer so spannende Charakterentwicklung und zum anderen würde ich mir wünschen, dass sich Hoover mal mit den Charakteren neu erfindet. Aber all das ändert nichts an der Tatsache, dass ich „Nächstes Jahr am selben Tag“ jedem Hoover-Fan und jedem, der es noch werden will, wärmstens ans Herz lege!