Rezension

Endlich mal was anderes

Die Tribute von Panem 3. Flammender Zorn - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem 3. Flammender Zorn
von Suzanne Collins

Bewertet mit 5 Sternen

Möge das Gute siegen! Möge die Liebe siegen! Das grandiose Finale! Katniss gegen das Kapitol! Schwer verletzt wurde Katniss von den Rebellen befreit und in Distrikt 13 gebracht. Doch ihre einzige Sorge gilt Peeta, der dem Kapitol in die Hände gefallen ist. Die Regierung setzt alle daran, seinen Willen zu brechen, um ihn als Waffe gegen die Rebellen einsetzen zu können. Gale hingegen kämpft weiterhin an der Seite der Aufständischen, und das, zu Katniss' Schrecken, ohne Rücksicht auf Verluste. Als sie merkt, dass auch die Rebellen versuchen, sie für ihre Ziele zu missbrauchen, wird ihr klar, dass sie alle nur Figuren in einem perfiden Spiel sind. Es scheint ihr fast unmöglich, die zu schützen, die sie liebt.

Auf den Ablauf der Handlung will ich hier nicht weiter eingehen. Das Buch wirkt vermutlich um einiges besser, wenn man die Abfolge der Geschehnisse nicht kennt. Doch auch für mich (der sich leider bereits alles in einer Zusammenfassung vorher durchgelesen hat) nahm die Spannung nie ab. Innerhalb von acht Stunden hatte ich das Buch vollständig gelesen. Die Ereignisse schienen dabei immer präsent zu sein, was vor allem der Erzählform im Präsens zu verdanken ist. Auch der Autorin muss man in diesem Punkt ein Kompliment machen, denn sie versucht nicht verzweifelt, Spannung aufzubauen oder mit Andeutungen zu arbeiten. Sie sagt klar und schonungslos was passiert. Ohne Umschweife. Dies wirkt zu Teilen etwas ruppig und grausam, besonders wenn eine sympathische Person stirbt, was eher die Regel als die Ausnahme ist. Es erzeugt aber auch einen spannungssteigernden Effekt, da jeder der Nächste sein könnte.
Die Handlung ist schwer vorhersehbar. Es scheint phasenweise, als sollte eine gewisse Erwartungshaltung beim Leser erzeugt werden, nur um diese dann ein paar Seiten später zu zerstören. Und über allem schwebt das Gefühl, dass die Geschehnisse in eine Richtung laufen, die so nicht richtig sein kann. Es wirkt schrecklich und ungerecht.
Gerade das macht aber die Geschichte aus. Sie ist nicht schön, kitschig oder freundlich. Brutal, grausam und unbarmherzig treffen es viel eher. Freunde eines typischen Happy Ends werden hier enttäuscht. Da ich mich nicht dazu zähle, sondern diese ganzen kitschig verklärten Romantikgeschichten kaum mehr sehen kann, finde ich dieses Buch schlicht und einfach überragend.
Eine weitere Besonderheit sind die Personen. Es ist keine Schwarz-Weiß-Ansammlung der üblichen Jugendromane. Man kann die Parteien nicht klar in Gut und Böse untergliedern. Am Ende weiß man kaum, wen man abstoßender findet: Die Rebellen oder das Kapitol? Alle scheinen nur an ihre eigenen Vorteile und persönlichen Rachegelüste zu denken. Fast jeder Charakter hat seine Schattenseiten und dunklen Züge. Jeder wird vom Krieg verändert, allerdings weiterhin nachvollziehbar. Einige Wesenszüge der handelnden Personen wurden bereits vorher angedeutet. Es scheint nun vielmehr so, als würden die Umstände dies in besonderem Maße "fördern". Selbst die Protagonistin Katniss trifft schreckliche Entscheidungen, zeigt gravierende Charakterschwächen.
Womit wir bei dem größten Geniestreich des Buches angekommen wären. Der Entwicklung von Katniss. Viele hier haben geschrieben, dass sie es bemerkenswert finden, wie dieses Mädchen es trotz der Schicksalsschläge schafft, weiterzumachen und nicht daran zu zerbrechen. Diesen Einschätzungen muss ich klar widersprechen. Sie zerbricht eindeutig an den Ereignissen. Sie übersteht das alles nicht mehr. Ihr Lebenswille wird gebrochen, ihre Träume und Hoffnungen zertrümmert, der Tod scheint ihr wie ein gnadenloser Geist zu folgen. Bis es soweit kommt, dass ihre Gedanken nur noch vom Suizid vereinnahmt werden. Und dies wird ebenso schonungslos deutlich gemacht wie die traumatisierten Geschehnisse zuvor. Die Hoffnungslosigkeit und Lethargie, in die sie verfällt, übertragen sich regelrecht auf den Leser, während er den depressiven Gedanken der gefallenen Heldin folgt.
Die Handlung bricht hierbei klar mit den vorherigen Teilen. Auch diese waren bereits düster, doch das Grauen wird nun auf eine Art neue Stufe gebracht. Dies wirkt nie übertrieben oder aufgesetzt. Es erscheint viel mehr realistisch. Eine Zukunft, wie es sie tatsächlich einmal geben könnte. Die vielleicht wichtigste Botschaft dieser Trilogie ist, dass Menschen durchaus fähig sind, anderen Menschen solche Dinge anzutun. Und dies ohne Skrupel. Der Autorin gebührt hierbei Annerkennung, für ihren Mut zur Häßlichkeit.