Rezension

Entführung hautnah

Wir sind dann wohl die Angehörigen
von Johann Scheerer

Am 25. März 1996 veränderte sich das Leben von Jan Phillip Reemtsma und seiner Familie maßgeblich. Der bekannte Sohn des Zigarettenfabrikanten wurde entführt und befand sich für lange 33 Tage in der Gewalt seiner Entführer. Sein Sohn Johann schildert 20 Jahre nach den traumatischen Erlebnissen in "Wir sind dann wohl die Angehörigen" seine Sicht der damaligen Tat.

Johann Scheerer erzählt seine Erlebnisse sehr ergreifend. Er beschreibt sehr authentisch und offen die Zeit aus der Sicht eines 13-jährigen Jungen und legt offen, welche Auswirkungen eine solche Entführungen auch auf die Angehörigen hat. Die Normalität des alltäglichen Leben ist mit einem Schlag ausgelöscht. Es beginnt die Zeit des Bangen und Hoffens auf ein baldiges und gutes Ende, wobei sich immer wieder Schreckens-Szenarien in den Köpfen breit machen. Hier ist sicherlich Selbstbeherrschung gefragt, um die nötige Ruhe aufzubringen, die in der außergewöhnlichen Situation von Nöten ist. Immer wieder habe ich die Kraft von Johann und seiner Mutter bewundert, wie sie eigentlich niemals die Hoffnung aufgeben und für ein glückliches Wiedertreffen kämpfen. Die 33 Tage der Entführung werden aber auch für die beiden zur Tortur. Gerade der Kampf gegen die Zeit, in der sie größtenteils machtlos der Tatenlosigkeit ausgesetzt sind, stellt sich als große Herausforderung dar. Johann Scheerer beschreibt auch, wie sich die Entführung durch personenbedingte Fehler und unglückliche Umstände unnötig in die Länge zog.
"Wir sind dann wohl die Angehörigen" konnte mich wirklich fesseln und gerade der reale Hintergrund der Geschichte und die persönliche Betroffenheit des Autors machten das Buch zu einem lesenswerten Erlebnis. Ich empfehle dieses besondere Buch daher sehr gerne weiter und bewerte es mit den vollen fünf von fünf Sternen!!