Rezension

Erfolgreiches Konzept reloaded

Der Turm der Welt - Benjamin Monferat

Der Turm der Welt
von Benjamin Monferat

Wir schreiben das Jahr 1889. Die „Exposition universelle“ in Paris schließt in Kürze ihre Pforten. Publikumsmagnet dieser zehnten Weltausstellung ist das Eingangsportal, eine über 300 Meter hohe Eisenkonstruktion, „Tour Eiffel“, benannt nach seinem Erbauer,  dem französischen Ingenieur Gustave Eiffel. Aber auch zahlreiche andere Exponate versetzen die Besucher in Erstaunen und lassen ahnen, was zukünftig im Bereich Naturwissenschaft und Technik möglich sein wird. Die „Grand Nation“ feiert sich und ihren Erfindergeist, wohl wissend, dass schwierige Zeiten auf sie zukommen werden, da die politische Lage in Europa momentan alles andere als rosarot ist. Es grummelt allenthalben, Allianzen werden geschlossen, aber auch Nationen isoliert. Europa droht Chaos und Schrecken. Die Geheimdienste der verschiedensten Länder tummeln sich im Schatten des Eiffelturms, als zwei ihrer französischen Kollegen tot aufgefunden werden. Es stellt sich heraus, dass diese Informationen über eine Verschwörung hatten und ein Attentat erwarteten. Und welcher Zeitpunkt würde sich besser dafür eignen, als das monumentale Feuerwerk am Ende der Weltausstellung, das mit Sicherheit abertausende Besucher anlocken wird.

Das ist die Ausgangssituation in Benjamin Monferats (alias Stephan M. Rother) neuestem Roman „Der Turm der Welt“. Wie bereits in dem Vorgänger „Welt in Flammen“, der mir übrigens ausnehmend gut gefallen hat, folgt die Dramaturgie dem gleichen Schema: man nehme ein gravierendes Ereignis sowie eine Handvoll Damen und Herren verschiedener Nationalitäten und Interessen. Den „Knalleffekt“ – im wahrsten Sinn des Wortes – platziere man am Ende der Story und lasse alle Handlungen und Verwicklungen innerhalb eines vorher festgelegten Zeitraums darauf zulaufen.

Der Autor ist Historiker, weshalb man davon ausgehen kann, dass  die Eckdaten stimmen, aber man sollte sich immer vor Augen halten, dass nicht nur die Ereignisse, sondern auch die Personen fiktiv sind. Die relativ kurzen Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven sorgen von Beginn an sowohl für Tempo als auch für Spannung und sollten eigentlich durch zahlreiche Cliff Hanger zur zügigen Lektüre animieren. Hat bei mir leider nicht funktioniert, denn mein Interesse an den Protagonisten und ihrem Schicksal war  im Gegensatz zum Vorgängerroman wesentlich geringer, Sympathiepunkte  konnte keiner von ihnen bei mir sammeln.

Dazu kommt, dass es eine ganze Weile dauert, bis man die vorhandenen und in zahlreichem Maße durch den Autor gelieferten Informationen in den passenden Kontext einarbeiten kann, was immer wieder Längen im Handlungsverlauf generiert. Von daher hätte etwas Straffung der Story mit Sicherheit nicht geschadet.

Auch wenn ein Konzept erfolgreich war, sollte man auf dessen mehrmaliges Aufwärmen verzichten. Ich wünsche mir auf alle Fälle für den nächsten historischen Roman aus der Feder des Autors einen neuen Ansatz im Aufbau des Plots, interessantere und sympathischere Protagonisten und etwas weniger Spionage, dann kommen wir mit Sicherheit wieder zusammen.