Rezension

Ergreifender und aufrüttelnder Roman

Kukolka - Lana Lux

Kukolka
von Lana Lux

Bewertet mit 5 Sternen

Samira wächst in den Neunzigern in einem Kinderheim in der Ukraine auf. Ihre beste und einzige Freundin wird nach Deutschland adoptiert. Von da an fasst Samira den Entschluss ebenfalls nach Deutschland zu gehen. Am Tag ihrer Einschulung verlässt sie das Heim und macht sich auf den Weg zum Bahnhof, um nach Deutschland zu kommen. Doch auf dem Weg wird sie von Rocky abgefangen. Er nimmt sie mit zu sich nach Hause. Dort hat er schon ein paar Kinder/Jugendliche, die er zu Dieben ausgebildet hat. Wird Samira aus den Bettlerkreisen wieder rauskommen und den Weg nach Deutschland finden?

Dieser Roman zeigt auf, wie es dem kleinen Heimkind Samira auf der ukrainischen Straße ergeht. Im Kinderheim erleidet Samira Grauenhaftes. Vor allem durch das Verhalten ihrer Erzieherin Elena Wladimirowna. Doch diese Phase wird noch ihre angenehmste sein und vor allem wird sie Samira auf die Welt vorbereiten. Sie lernt im Heim, dass man sich anzupassen hat, um überleben zu können. Bei Rocky angekommen wird sie zum Bettlerkind und zur Diebin. Allerdings erlebt sie auch zum ersten Mal so etwas wie Zuneigung kennen. Auch wenn diese Zuneigung nur Mittel zum Zweck ist. Sie drückt es so aus: sie war noch nie jemanden so wichtig, dass er ihr etwas beibringen wollte. In dieser Phase lernt sie auch einige Menschen kennen, die ihr weiteres Leben prägen werden. Auch diese Phase wird nicht ihre schlechteste sein. Es zeigt sich schnell, dass es immer auch schlimmer geht. Als Samira dreizehn ist heißt es im Buch: „Im Sommer hatte ich jeden Tag zwei bis drei Kunden.“. Für Samira ist Deutschland das Paradies. Sie träumt auch Jahre nachdem ihre Heimfreundin sie verlassen hat noch von einem Wiedersehen mit ihr. Sie bewahrt sogar einen Brief von ihr zehn Jahre lang auf. Dieser ist für Samira sozusagen ihr Anker, ihr Licht am Ende des Tunnels und lässt sie ihre Schreckenserlebnisse überleben. Doch auch Deutschland hat seine Schattenseiten.

Samira ist am Ende des Buches erst fünfzehn. Sie wirkt allerdings viel reifer und erwachsener. Das merkt man auch an ihrer Wortwahl und Sprache. Diese wirkt in diesem Roman etwas zu erwachsen. Ansonsten ist die Sprache sehr direkt, klar und nüchtern. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen und man saugt das Buch in sich auf. Es wird schonungslos und direkt erzählt, was Samira passiert. Das hat mir sehr gefallen. Die Autorin schreibt, wie es ist und verschönert nichts – sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Es gibt viele Szenen die sehr detailliert beschrieben werden. Zum Beispiel eine Abtreibung. Durch diesen Schreibstil gibt es beim Lesen immer wieder Stellen, an denen man halten muss und das Gelesene zunächst verarbeiten muss. Sehr gut fand ich, dass es aus Samira Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben wurde, so wirkte alles noch authentischer.

Dieser Roman war wirklich sehr schonungslos und ergreifend. Er hat mir sehr gut gefallen und mich von der ersten Seite an gefesselt. Ich kann eine klare Leseempfehlung aussprechen. Darum vergebe ich volle fünf von fünf Sternen.