Rezension

Es gibt noch Ermittler ohne zerstörte Existenz und Drogenprobleme

Treibland - Till Raether

Treibland
von Till Raether

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Kreuzfahrtschiff läuft im Hamburger Hafen ein. An Bord befindet sich ein toter Passagier, der an einem aggressiven und unbekannten Virus gestorben ist. Die Reederei wollte es am liebsten vertuschen, doch eine anonyme Anruferin gibt einen Hinweis. Eher durch Zufall ermittelt Kriminalkommissar Danowski, der eigentlich nur noch am Schreibtisch sitzt. Er soll ausschließen, dass es sich bei der Todesursache um Fremdeinwirkung handelt. Aber natürlich kommt er einem Verbrechen auf die Spur und muss auf dem unter Quarantäne stehendem Schiff ausharren.

Schon lange lese ich kaum noch Kriminalromane. Einfach, weil es mich nervt, dass der Protagonist immer eine gescheiterte Persönlichkeit ist, möglichst geschieden, mit Alkoholproblem und einem enormen psychischem Knacks. Sehr erfrischend, dass Danowski all dies nicht ist. Intakte Familie, keine Drogen, keine schräge Vergangenheit. Ok, auch er hat ein kleines neurologisches Leiden, welches ihn aber irgendwie sympathischer macht und ihm einen interessanten Touch verschafft. Auch ansonsten handeln die Figuren nachvollziehbar und logisch, ich habe mich an keiner Stelle über sinnentleertes Handeln aufgeregt oder mich fremdschämen müssen. Jede Figur für sich genommen war interessant und ohne Klischees. Raether haucht allen Beteiligten durch gezielte Umschreibungen ordentlich Leben ein, ohne sie überspitzt darzustellen. 

Wer hier auf bluttriefende, überzogene One-Man-Shows hofft oder auf einen actiongeladenen Einzelgang-Showdown wird wohl enttäuscht sein. Denn all das braucht Raether nicht, um ein spannendes Buch zu schreiben. Und dafür bin ich wirklich dankbar. Endlich wieder ein Krimi, der auf diesen ganzen Mist verzichtet, sondern allein durch den Plot und die souveräne Ermittlungstätigkeit Danowskis zu überzeugen weiß.

Auch sprachlich gesehen war ich begeistert. Keine Gossensprache, keine Umgangssprache und Sätze, die über drei Wörter hinausgehen. Beinahe könnte ich sagen, dass das Buch sogar ein bisschen Anspruch hat. Man merkt auf alle Fälle deutlich aus welchem Berufsfeld der Autor kommt. Sicher gab es für mich ab und an einige Längen, dennoch war der Spannungsbogen deutlich zu spüren und der Leser fiebert auf die Auflösung des Ganzen hin. 

Am ehesten fand ich das Buch vergleichbar mit denen von Tana French, die auch durch Charakterisierungen und Plot zu überzeugen weiß und ebenso auf übertriebene Action verzichtet.

Ich bin restlos begeistert und hoffe, dass es noch mehr über Danowski zu lesen gibt. Lieben Dank, Herr Raether, ich mag nun wieder gerne Krimis lesen. :)

Kommentare

yvy kommentierte am 12. März 2014 um 17:55

Hi,
hört sich toll an, deine Begeisterung ist spürbar und ich setze mir dann ein weiteres Buch auf meine Wunschliste. :-)

LG

silencia kommentierte am 12. März 2014 um 21:39

Danke. :) War wirklich mal wieder ein guter Krimi.