Rezension

Es könnte so gewesen sein...

Frau Einstein - Marie Benedict

Frau Einstein
von Marie Benedict

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als ich das so las, kam mir Einstein mitunter wie ein Scheusal vor. An mancher Stelle dachte ich, jetzt muss die Mileva doch endlich mal auf den Tisch hauen und ihm klar ihre Meinung sagen. Doch sie hielt sich immer wieder zurück und stellte ihr Licht unter seines. Das ist sicherlich der damaligen Zeit geschuldet, ich glaube nicht, dass eine Frau vom Format einer Mileva Maric sich so etwas heute noch gefallen ließe. Im ersten Teil des Buches war es sehr schön zu lesen, wie die beiden sich langsam näher gekommen sind. Da verhielt sich Albert auch noch sehr anständig. Das änderte sich, als Mileva schwanger wurde. Ein uneheliches Kind, das passte nicht in Einsteins Weltbild, dabei war er doch genau so daran beteiligt wie Mileva. Ich fand es schlimm, wie er sich danach verhalten hat.

Einfühlsam und eindrucksvoll beschreibt die Autorin die Empfindungen der körperlich behinderten Mileva. Die war ja schon als Kind sehr begabt, und ihr Vater förderte sie nach Kräften. Wieviel Mut gehörte wohl dazu, als einzige Frau unter Männern das Studium der Physik anzutreten? Von dem, was danach kam, ganz zu schweigen. Eine bemerkenswerte Frau.

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive geschrieben. Und es ist ein Roman. Das darf man nicht vergessen, und die Autorin betont das ja auch ausdrücklich im Nachwort. Aber weil es sich um reale Personen handelt, fragt man sich schon, ob das alles wirklich so war. Wir wissen es nicht genau. Es könnte so gewesen sein, aber es könnte durchaus auch anders gewesen sein. Manches konnte Marie Benedict aus den Briefen ableiten, die Sache mit Lieserl ist ja immer noch nicht ganz klar. Ist sie wirklich gestorben oder wurde sie weggegeben? Auch der tatsächliche Anteil von Milevas Arbeit an der Relativitätstheorie ist umstritten. Mit Sicherheit hatte sie gehörigen Einfluss auf das Ergebnis, das glaube ich schon. Aber da gibt es halt viele Meinungen, und einig ist man sich bis heute nicht.

Das Buch lässt sich gut lesen, der Inhalt war für mich nicht ganz leicht verdaulich, ich hatte Albert Einstein, der sich stets für Frieden und Verständigung eingesetzt hat, nicht für so einen üblen Charakter im Privatleben gehalten, wie er hier geschildert wurde. Aber wie schon gesagt, es ist ein Roman, der nicht den Anspruch hat, die Realität korrekt wiederzugeben. Wir wissen es eben nicht genau. Das große Verdienst, welches ich der Autorin anrechne, ist die Tatsache, dass sie Mileva Maric ins rechte Licht gestellt hat. Das sie die Ereignisse aus ihrer Sicht beschreibt, und dass sie dazu beiträgt, den Namen dieser Frau nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Das Buch war für mich ein Anstoß, mich näher mit Frau Einstein zu befassen. Dafür bin ich dankbar.