Rezension

Ethisches Thema zu reisserisch behandelt!

Bis ans Ende aller Tage - Jodi Picoult

Bis ans Ende aller Tage
von Jodi Picoult

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ist Töten auf Verlangen ein Verbrechen? Ist Töten aus Liebe verwerflich? Selbstverständlich! Chris, der Sohn von James und Gus Heart hat allerdings im Alter von acht Jahren etwas anderes „gelernt“. Sein Vater erschoss seinen unheilbar kranken Jagdhund aus Liebe. „Wer sollte die Verantwortung übernehmen, wenn nicht ich?“, sagt er zu seiner erschütterten Frau Gus. „Hätten wir ihn einschläfern lassen sollen, ihn im Arm halten und ihm beim Sterben zusehen ?“

Lässt Chris sich deshalb von seiner Jugendliebe Emily, der Tochter der befreundeten Nachbarn, Melanie und Michael Gold, dazu einspannen, sie mit der Schusswaffe seines Vaters zu töten, als sie das Leben nicht mehr erträglich findet? Warum hat er mit niemandem darüber geredet? Gibt es nicht Schulpsychologen? Gibt es keine Freunde? Warum redete er nicht mit ihren Eltern? Oder mit seinen? Und warum redete Emily mit niemandem über ihre Probleme und sollte es wirklich niemandem aufgefallen sein, dass sie seit längerem suizidal war?

Denn ob es sich um Suizid gehandelt hat oder um Töten auf Verlangen oder sogar um Mord und ob Chris nun ins Gefängnis kommt oder nicht, davon reden die 600 Seiten dieses Roman. Nicht etwa darüber, ob es richtig ist, was Chris tat. Oder tat er gar „nichts“, sondern nur Emily? Schliesslich war niemand dabei ausser Chris als Emily starb.

Nach der Tragödie benehmen sich die Elternpaare m.E. recht unverständlich. Die Mutter Emilys hasst jeden und alle und am meisten sich selbst, und ist nicht erleichtert als sie die Tagebücher ihrer Tochter findet. Aber warum verbrennt sie sie? Die Mutter von Chris stellt zwar die richtigen Fragen, versagt aber beim richtigen Handeln. Die Väter könnten es auf die Reihe bringen, setzen sich ihren Ehefrauen gegenüber aber nicht durch. Warum eigentlich nicht? Muss wieder eine weiche Liebe herhalten als Erklärung für das gesamte Chaos?

Warum helfen die Eltern von Chris ihm nicht dabei, zu dem zu stehen, was er tat. Warum will niemand die Wahrheit wissen?

Weil es in dieser Geschichte gar nicht darum geht, was richtig und was falsch ist! Es geht nicht einmal im Ansatz um eine entsprechende Diskussion. Nirgendwo wird die Frage aufgeworfen, ob Chris sich die Verantwortung für das Leben seiner Freundin anziehen durfte, - das durfte er natürlich nicht, das stand ihm nicht zu, ganz im Gegensatz zu dem Handeln seines Vaters bezüglich des Hundes. Da diese Frage zwar immanent vorhanden ist, aber sicherlich nicht bis in den Kopf eines jeden Lesers vorgedrungen ist, geschweige denn ihre Beantwortung, kommt es mir so vor, als ob die ganze Aufmachung des Buches, der gesamte Plot, mehr auf  Sensation und Verkaufszahlen abstellt, als auf die Erörterung dieser ernsten Thematik. Dabei sind auch die erotischen Szenen mit dem jungen Paar, das eigentlich gar kein Paar ist, hilfreich. Wer bestimmt eigentlich, ab wann literarische Szenen pornographische genannt werden dürfen?

Fazit: Im vorliegenden Roman werden gewichtige ethische Fragen, nämlich die der Tötung auf Verlangen, aufgeworfen, ihre Beantwortung meiner Meinung nach jedoch in unverantwortlicher Weise liegengelassen - für Marktzwecke missbraucht? Denn selbst, wenn man alle an dem Fall Beteiligten verstehen könnte – was ich nicht kann – es ist falsch! Dies aber geht aus der Lektüre mitnichten hervor.