Rezension

Extrem kurz aber vielversprechend!

First Frost - Jennifer Estep

First Frost
von Jennifer Estep

In "First Frost" lernen wir unsere Heldin Gwen kennen, ein junges Mädchen mit einer ungewöhnlichen Gabe: wenn sie Dinge berührt, die vor ihr andere Menschen angefasst haben, empfängt sie Fragmente derer Erinnerungen und Emotionen in lebhaften Bildern. Vor den Ereignissen in dieser Kurzgeschichte hat Gwen ihr Talent anscheinend fast ausschließlich als Einkommensquelle benutzt, indem sie für ihre Freunde und Mitschüler verlorene Gegenstände gegen eine kleine Gebühr ausfindig machte.

Auch Gwens Mutter und Großmutter haben übernatürliche Fähigkeiten, was Gwen mit der "Gypsy"/Zigeuner-Herkunft der Familie erklärt.

Eines verhängnisvollen Tages geht Gwens Neugier mit ihr durch: sie berührt die Haarbürste einer Mitschülerin in der vollen Absicht, deren Geheimnisse zu erfahren... Und sie erfährt weit mehr, als sie erwartet hat oder wissen wollte - das Geheimnis des Mädchens ist ein grauenhaftes. Der Versuch, ihr zu helfen, zieht für Gwen eine persönliche Tragödie nach sich.

Pro:
Bücher, die an Schulen für übernatürlich begabte Teenager spielen, haben bei mir immer automatisch einen Stein im Brett. Und "First Frost" gibt mir Hoffnung, dass Mythos Academy da genau das Richtige sein wird. Internat-artige Schule: Jupp. Junge Heldin, die (relativ) neu in der Welt des übernatürlichen ist: jawoll. Andeutung auf eine mögliche Romanze: jaaaa. Andeutung auf kommende Konflikte und einen Feind (oder mehrere): yes sir.

Mir gefällt, dass Gwen "klingt" wie ein echter Teenager. Der Schreibstil ist vielleicht nicht 100%ig perfekt, aber gerade darum kommt er mir so natürlich vor. Im Grunde ihres Herzens scheint unsere Heldin ein ganz normales Mädchen zu sein, mit ganz normalen Unsicherheiten, Hoffnungen, Träumen und Abneigungen. Es wird bestimmt interessant, mitzuerleben, wie sie auf ihrer neuen, ungewöhnlichen Schule zurechtkommen wird (an der manche Teenager nicht nur magische Begabung sondern auch mächtig viel Kohle zu haben scheinen, wenn man das nach den Markenklamotten und Designer-Armbanduhren beurteilt).

Ich finde auch gut, dass Gwens Gabe direkt von Anfang an nicht NUR eine Gabe ist, sondern auch ein Fluch. Sie bezahlt einen verdammt hohen Preis dafür, dass sie einem Mitmenschen lediglich aus einer schrecklichen Situation heraushelfen wollte.

Contra:
"First Frost" ist eine Kurzgeschichte mit Betonung auf "kurz". Sie ist wirklich nicht mehr als ein winzig kleiner Vorgeschmack auf die Reihe - ein Köder. Zurzeit ist diese Kurzgeschichte allerdings auch kostenlos, da kann man sich wirklich nicht beschweren.

Ich habe das leichte Gefühl, dass Gwen ein bisschen was von einer Mary Sue* hat - weiße Haut, violette Augen (nicht unbedingt eine Kombination, bei der ich an Gypsy/Zigeuner denken würde), die ungewöhnliche Gabe und ihre übernatürlich begabte Familie... Gwens Unbeholfenheit und Ungeschicklichkeit gleichen das nur zum Teil wieder aus, aber ich hoffe, dass sie sich in den eigentlichen Romanen zu einer ausgewogenen Persönlichkeit mit Stärken und Schwächen entwickeln wird.