Rezension

Extrem spannend!

In einem Boot - Charlotte Rogan

In einem Boot
von Charlotte Rogan

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschichte beginnt damit, dass Grace, eine der Angeklagten, in einem Gerichtsprozess mit ihren Anwälten Mittagessen geht. Auf dem Weg dahin beginnt es zu regnen und Grace bleibt mitten auf der Straße stehen, um den Regen in ihren Mund tropfen zu lassen. Dabei träumt sie davon, sich auf dem offenen Ozean zu befinden, halb verdurstet, den Regen als ein Wunder betrachtend. Noch heute scheint sie gern an diese Situation zurück zu denken. Graces Anwälte halten sie nun für verrückt und überlegen vor Gericht auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Nach einer langen Diskussion beschließen sie dann, dass Grace erst einmal alle ihre Erlebnisse aufschreiben soll, bevor man vorschnelle Schlüsse zieht. Also macht sie sich daran, alles aufzuschreiben. Ihr Tagebuch beginnt an dem Tag, an dem sie mit 38 weiteren Personen in einem Rettungsboot sitzt. Der "Chef" des Bootes, ein erfahrener Matrose, leitet die Leute dazu an, ihr kleines Boot so schnell wie möglich vom sinkenden Schiff weg zu rudern. Da das Boot schon zu schwer ist und deshalb zu tief im Wasser liegt, können sie keine weiteren Menschen aufnehmen und müssen immer wieder hilflose Menschen abwehren, die keinen Platz in einem der Boote gefunden haben. Nicht einmal ein kleines Kind, das neben seiner toten Mutter auf einer Planke schwimmt, retten sie. Letztlich gelingt es ihnen, sich weit genug vom sinkenden Schiff zu entfernen, um nicht mit in die Tiefe Gerissen zu werden. Doch damit beginnt der harte Kampf ums Überleben erst - mit zu wenig Nahrung auf dem offnen Ozean - mitten zwischen Europa und Amerika. Zu einer Zeit in der in Europa der Krieg kurz bevor steht und kaum noch Schiffe fahren. Als ein heftiger Sturm aufzieht, müssen die Menschen eine Wahl treffen: entweder sterben alle oder Einzelne müssen das Boot verlassen. Es kommt zum Lose ziehen, wobei nicht alles rechter Dinge zugeht. Damit beginnen Machtkämpfe unter den Menschen und schließlich wird sogar ein Mann ins Meer geworfen. Das alles ist jedoch längst vorbei, als Grace im Gefängnis sitzt - angeklagt wegen Mordes.

Meine Meinung
Das Cover finde ich passend - es zeigt den endlosen Ozean und mitten drin ein winzig wirkendes Ruderboot, meiner Meinung nach wurde damit die Atmosphäre des Buches sehr gut eingefangen.

Die Geschichte ist alles andere als wunderschön, sie ist schrecklich und schonungslos. Es ist schockierend zu sehen, wie schnell sich die eigentlich "guten" Menschen unter solchen Extrembedingungen in Monster verwandeln. Die Handlung ist spannend und es werden interessante Fragen gestellt, auf die es keine Antwort gibt und es wird gezeigt, wie ein kleiner Fehler viele Leben kosten kann. Dennoch ist die Story mit einem fast emotionslosem Schreibstil geschrieben - hier wird nicht mit vielen Worten versucht, das ganze dramatischer erscheinen zulassen, "In einem Boot" packt einen als Leser auch so. Und mir hat sie des Öfteren einen eiskalten Schauer über den Rücken gejagt! Charlotte Rogan ist es wirklich gelungen eine Story zu erzählen, die man nicht so schnell vergisst, ich habe mir noch sehr lange Gedanken über die Geschichte gemacht und über darin aufgeworfenen Fragen nachgedacht.

Die Charaktere sind alle nicht wirklich sympathisch, denn es hat sich wirklich jeder menschliche Abgrund aufgetan, der sonst irgendwo versteckt ist. Alle sind wie wilde Tiere - nur darauf bedacht, selbst zu überleben. Hier scheint es nicht mehr die Frage zu sein, wie weit du gehen würdest um zu überleben, sondern wofür du noch Kraft hast. Und man merkt, dass die Menschen in ihrer panischen Angst nur aufs "Hier und jetzt" konzentriert sind und überhaupt nicht über die möglichen Konsequenzen ihres Handelns nachdenken. Trotzdem ergreift man unterbewusst immer wieder die Initiative für Grace, weil aus ihrer Sichtweise erzählt wird und es ihr absolut gelingt einen für sich zu gewinnen.

"In einem Boot" ist ein echt gelungenes Buch, mit einer tollen Grundidee, die konsequent umgesetzt wurde und atemberaubend spannend ist. Mein Fazit lautet: Unbedingt lesen!