Rezension

Facettenreich, menschlich, interessant erzählt

Die Gesichter der Wahrheit - Donal Ryan

Die Gesichter der Wahrheit
von Donal Ryan

Bewertet mit 5 Sternen

Die Wahrheit hat viele Gesichter. Und so lässt Donal Ryan 21 Personen zu Wort kommen und lässt sie ihre Sicht der Welt erzählen. Und damit auch ihre Sicht der Wahrheit – über den Zustand des Landes, die Moral der Mitmenschen, wer ihrer Meinung nach den alten Frank ermordert hat, was die Leute umtreibt und wie die Welt sein sollte. Dabei sind die Sprecher so unterschiedlich, wie auch ihre Ansichten.

Dabei legt Ryan eine für mich überraschend „bunte“ Mischung von Sprechern an den Tag. Da ist beispielsweise der um seine Sozialbeiträge geprellte Bobby, der letztlich versucht aus seinem Leben das Beste zu machen und dabei immer mit seiner Kindheit hadert. Oder der ganz offensichtliche psychisch kranke Trevor, bei dessen Erzählung mir ganz mulmig wurde.  Am meisten zu Herzen gegangen ist mir das Kapitel mit der kleinen Millicent. Ein Kind, dass zum einen die von den Eltern gehörten Ausdrücke nachplappert, zum anderen ganz ungeschönt aus Kindersicht die angespannte Situation in ihrer Familie beschreibt.

Donal Ryan verleiht jeder der Personen ein eigenes Sprachbild. Spricht die eine Person eher gewählt und gesetzt, so verwendet er für die nächste eher mehr Umgangssprache und lässt sie „schlampiger“ sprechen; mal schnell und mit vielen Kraftausdrücken versehen, mal eher kindlich und naiv geprägt. Für mich hat das die Figuren greifbarer gemacht und mir gut gefallen. Dabei lässt er immer wieder ein wenig Galgenhumor einfließen und ich habe mich während des Lesens ertappt, bei diesem doch sehr ernsten Thema an einigen Stellen immer wieder schmunzeln zu müssen.(Ich bin selbst auf dem Land in einem kleinen Dorf aufgewachsen,  „Teekannen-Taliban“ sind mir auch noch sehr gegenwärtig im Gedächtnis!)

„Die Gesichter der Wahrheit“ hat mir durch die vielen Facetten der Erzählenden sehr gut gefallen.