Rezension

Fängt großartig an und lässt dann immer weiter nach...

Mädchentod - Julia Heaberlin

Mädchentod
von Julia Heaberlin

Mit 17 ist Tessa einem Serienkiller nur knapp entkommen. Sie ist die einzige der Schwarzäugigen Susannen, die überlebt hat. Doch jetzt, fast zwanzig Jahre nach der Tat, kurz vor der Hinrichtung des vermeintlichen Killers, bemerkt sie seltsame Dinge. Schwarzäugige Susannen, die in ihrem Garten gepflanzt wurden, etwa. Hat die Polizei damals den Falschen verhaftet? Ist der wahre Killer noch immer hinter ihr her, um sein Werk zu vollenden? Nur Tessa kennt die Wahrheit - wenn sie sich bloß erinnern könnte.

        "Bitterkeit steigt in meiner Lunge auf wie heißer Dampf. Ich hole tief Luft. Mein Ziel ist es, nichts zu empfinden."
        (Seite 20)

Mädchentod ist ein sehr ruhiger, langsam erzählter Thriller, der ständig zwischen der heutigen Tessa und der 17-jährigen Tessie, die nach den traumatischen Erlebnissen in Behandlung ist, hin und her wechselt. In den Passagen aus der Vergangenheit mit Tessie und ihrem Therapeuten erfahren wir bruchstückhaft, was damals passiert ist, an was sie sich erinnern kann und was sie verdrängt hat, und welche Rolle ihre beste Freundin Lydia bei all dem spielte. In der Gegenwart geht es um den Mann, der für den Mord an den anderen Susannen hingerichtet werden soll und den Zweifeln, die Tessa auf einmal kommen. Haben sie wirklich den Richtigen oder wird in wenigen Wochen ein Unschuldiger wegen ihrer Aussage vor 20 Jahren hingerichtet werden? Wer hat die Schwarzäugigen Susannen in ihrem Garten gepflanzt, wer hinterlässt ihr ständig Botschaften, wer lauert ihr und ihrer Tochter Charlie auf? Tessa, ihr Anwalt Bill und die Forensikerin Jo suchen nach Beweisen, die den zu Tode Verurteilten entlassten könnten.

Mädchentod ist so ruhig erzählt, dass es im Grunde gar kein Thriller, sondern viel mehr ein Drama ist. Ein amerikanisches Drama. Warum? Die Erklärung findet sich im Epilog, der mir überhaupt nicht gefallen hat, aber mehr möchte ich dazu nicht sagen. Aber auch sonst hat Mädchentod nicht viel von einem Thriller. Sicher, Tessa fürchtet hier und da, dass jemand sie beobachtet. Es gibt kriminalistische Elemente, wenn Tessa und Jo nach Beweisen für die Unschuld des Verurteilten suchen. Aber Grunde geht es extrem viel um die Vergangenheit und ob Tessa es schafft, ihr Leben in der Gegenwart auf die Reihe zu bekommen. Mit alten Dingen abzuschließen, sich auf neue Beziehungen und Freundschaften einzulassen. Und vielleicht auch, einen unschuldig Verurteilten zu retten. Es ist ein Roman, für den ich sehr, sehr lange gebraucht habe. Durch die vielen Zeitsprünge wird man immer wieder aus den aktuellen Geschehnissen herausgerissen, was nicht gerade zum Spannungsaufbau beiträgt.

Der Anfang war sehr vielversprechend, aber die anfängliche Spannung verflog sehr schnell wieder. Danach hat die Geschichte eigentlich kontinuierlich abgebaut. Ich hatte sehr schnell eine Ahnung, wer der Susannen-Mörder war - eigentlich ein Klischee - und lange vor Schluss (und auch lange vor Tessa) ahnte ich auch, wer die Blumen im Garten gepflanzt hat. Mädchentod steuert sehr geradlinig auf ein ziemlich kitschiges Ende zu, ihm fehlt es an Ecken und Kanten, an überraschenden Wendungen, an schockierenden Enthüllungen. Es ist gut geschrieben und eine nette Unterhaltung, aber nach dem tollen Start habe ich mir deutlich mehr erhofft und bleibe nun doch recht enttäuscht und unbefriedigt zurück.

(c) Books and Biscuit