Rezension

Fängt gut an, endet im Kitsch

Auf Null - Catharina Junk

Auf Null
von Catharina Junk

Bewertet mit 3 Sternen

Geraume Zeit dachte ich, ich hätte auf wld mal ein Buch gewonnen, das ich mit Fünf Sternen bewerten kann, so frisch und frech, ein bischen märchen- und mädchenhaft zwar, aber das hätte ich toleriert. Doch dann - der Absturz. Schade!

Das Buch, am besten geeignet für junge Erwachsene „Auf Null“, das die Zeit behandelt nach einer Krebserkrankung, in der man als gesund gilt, also symptomfrei, jedoch noch nicht als geheilt, denn dafür müssen weitere fünf symptomfreie Jahre vergehen, ist ein gutes Beispiel dafür, wie man, auf Klischees setzend, um Seiten zu machen, auf den letzten Metern einer guten Geschichte doch noch alles versauen kann.

Catharina Junk hat eine herzerfrischende Heldin geschaffen! Eigentlich.

Nina war immer schon schlagfertig, doch im Zuge ihrer Erkrankung, hat sie, schon aus reinem Selbstschutz, ihre Schnippigkeit verfeinert. Davon lebt das Buch und diese Seite ist Catharina Junk ganz hervorragend gelungen. Sie schreibt gute Dialoge und obwohl der Ausgangspunkt der Geschichte eine Krebserkrankung ist, hat das Buch eine heitere Note. Junks Sprachstil ist leicht und angenehm, mit den Freunden Ninas hat sie nette, charmante Nebencharaktere geschaffen. Zwei Drittel der Geschichte sind wirklich amüsant.

Doch welche Thematik vertieft die Autorin schlussendlich? Keine!

Die Angst vor einem Rückfall sollte das beherrschende Motiv sein. Was macht diese Angst mit der Heldin? Ansatzweise behandelt die Autorin die Frage, bleibt jedoch im Oberflächlichen stecken, denn für eine echte Auseinandersetzung reicht das spielerische Element eben doch nicht aus. Man hätte hier tiefer schürfen müssen oder einfach mal beim Thema bleiben. Statt dessen meistert Nina ohne großes Bimborium alle Klippen des Lebens, verliebt sich ruckzuck, mutiert nebenbei noch zur Retterin ihres kleinen Bruders aus den Fängen einer Fast-Sekte, bewegt einen Trauernden dazu, sich dem Leben wieder zu stellen, erfüllt den letzten Wunsch einer Todkranken und sinkt mit einem Fallschirmsprung dem Geliebten in die Arme. Nebenbei versöhnt sie sich mit ihren Freundinnen, mit denen sie in der Krankenphase Probleme hatte.

Derartiger Kitsch und Klischees im letzten Drittel haben mir das Buch verleidet. Ganz abgesehen davon, dass, wenn man schon Homosexualität und Christentum aufs Tapet bringt, man dabei nicht alle Vorurteile bedienten sollte, die gegenüber evangelikalen Christen bestehen. Es gibt hinreichend Gründe dafür, warum Christen nicht Hurra schreien, wenn es um Homosexualität geht. Übrigens auch nicht bei anderen sexuellen Verwirklichungen, die Verfehlungen sind und in der Regel letztlich jede Menge Leid bei den Betreffenden verursachen. Wenn eine Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben, dann bitte eine ernsthafte! Oder weglassen. Aber nein, man muss ja Seiten füllen.

Tatsache ist, dass eine eventuell todbringende Krankheit in einem Familienverband diesen gehörig aufmischt, viele Fragen aufwirft und Probleme zutage treten, die man andernfalls vielleicht hätte unter dem Deckel halten können. Und danach kann man eben NICHT wieder alles auf Null stellen. Schade, dass die Autorin sich auf diese Problemstellung nicht verlassen wollte. Es hätte inhaltlich ausgereicht und hindurch getragen bis zum Ende. So ist ein eigentlich sehr gut angelegter Roman mit phantasievollen Charakteren zu einem unterhaltsamen, romantischen Romänchen mit viel Heididei verkommen.

Fazit: Durchaus unterhaltsam, aber dann doch recht kitschig.

Kategorie: Leichte Unterhaltung, Young adult
Rowohlt Verlag, 2016