Rezension

Familiengeheimnisse - nichts ist wie es scheint

Das Seehaus
von Kate Morton

Bewertet mit 5 Sternen

Im Jahre 1933 hält die Familie Edevane ihr berühmtes Mittsommernachtsfest auf ihrem herrlichen Anwesen Loeanneth das im malerischen Cornwall liegt ab. Bei der ausgelassenen Feier mit anschließendem Feuerwerk bemerkt niemand, dass der elf Monate alte Sohn der Edevanes, Theo, einfach so aus seinem Bettchen verschwand. Trotz einer groß angelegten Suche und Aufrufen in Zeitungen etc. gibt es keine Spuren, die dazu beitragen könnten, den kleinen Jungen zu finden. Theo ist und bleibt spurlos verschwunden.

 

70 Jahre später ist eine junge Polizistin auf Zwangsurlaub bei ihrem Großvater in Cornwall. Der alte Mann ist nach dem Tod seiner Frau spontan dorthin gezogen und Sadie Sparrow, die Polizistin, wurde vom Dienst suspendiert und möchte ihre Auszeit in der malerischen Landschaft Cornwalls verbringen. Bei einer morgendlichen Joggingrunde mit den Hunden ihres Großvaters entdeckt sie das wunderschöne Anwesen am See, neugierig geworden sieht sie sich um und stellt fest, dass im Haus alles belassen wurde. Sie beginnt Fragen zu stellen und trifft auf die traurige Geschichte der Familie Edevane und beschließt in diesem Fall zu ermitteln.

Meine Meinung:

Ich habe am Anfang ein wenig Zeit benötigt, um mich richtig in die Geschichte einzufinden, gerade wenn ich das Lesen für eine Weile unterbrechen musste, viel es mir recht schwer, den Faden wieder aufzunehmen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr ausschweifend, mir gingen Gedanken durch den Kopf, dass sie regelrecht die Bilder, die beim Lesen im Kopf entstehen, malt. Doch irgendwie war ich dann so im Lesefluss, dass mir dieses ausschweifende Schreiben gar nicht mehr auffiel, stattdessen war ich dank dieser Bilder mitten in Cornwall, ich sah die Familie Edevane und 70 Jahre später dann Sadie auf deren Spuren wandeln. Je mehr ich im Buch war, desto spannender wurde es und ich habe dann tatsächlich 500 Seiten an einem Abend in einem Rutsch verschlungen. Kate Morton versteht es ausgezeichnet, kleine Puzzlestücke auszulegen, denen ich folgte, glaubte ich dann, eine Ahnung zu haben, wurde die Geschichte an ganz anderer Stelle weiter erzählt und alles wurde wieder ganz anders. Hier galt meist das Motto nichts ist, wie es scheint und dann ist es auch noch einmal ganz anders, als ich dachte herausgefunden zu haben. Jeder Charakter der Geschichte hatte seine eigenen Geheimnisse und jedes Mal glaubte man eine neue Spur zu entdecken.

Erzählt wird die Geschichte in zwei Hauptzeitsträngen aus dem Jahre 1933 und 2003, ab und an erfuhr man dann noch aus vorangegangenen Zeiten mehr über Anthony und Eleanor Edevane und auch über Constance, Eleanors Mutter. Erzählt wird die Geschichte in der dritten Person, so dass man die einzelnen Charaktere in ihrem Handeln sehr gut beobachten konnte. Mich selber hat es halt ganz besonders berührt, dass hier ein kleiner Junge verschwand, denn ich habe einen Sohn in einem ähnlichen Alter und irgendwie fühlte ich so sehr mit Eleanor Edevane mit, dass es mir hier und da regelrecht im Herzen weh tat. Sehr berührend und ergreifend.

Die Charaktere konnten mich auch in ihren Handlungen überzeugen. Am liebsten mochte ich Eleanor. Diese Frau war so unglaublich stark und tapfer und das Bild, das ich am Anfang der Geschichte hatte, musste ich immer mehr revidieren, bis ich diese Frau nur noch bewundern konnte.

Aber auch die Polizistin Sadie, die 70 Jahre später auf den Spuren der Edevanes wandelte, wuchs mir ans Herz. Aber auch sie hatte ihre eigenen Sorgen und Probleme und auch ein Geheimnis, dass ich so bewusst, gerade zu Anfang, nicht mitbekommen habe.

Aber auch alle anderen Charaktere passten perfekt ins Bild, da waren die drei Töchter der Edevanes Deborah, Alice und Clemmentine, Ben Munro - der Gärtner, Anthony Edevane, dann im Jahre 2003 Peter, Bertie - Sadies Großvater und so viele mehr. Jeder gehörte irgendwie mit in das große Puzzle und musste genau so in diese Geschichte passen. 

Lediglich das Ende hat mich so ein kleines bisschen gestört, kam es für mich ein wenig abrupt, aber irgendwie nicht sonderlich überraschend, das war dann zu sehr konstruiert. Allerdings hat das mich persönlich nicht so sehr gestört.
Mein Fazit:
Eine spannende und faszinierende Familiengeschichte mit vielen interessanten Charakteren und einer mitreißenden Story, die mich nach  kurzen Startschwierigkeiten völlig in seinen Bann geschlagen hat. Auch das Ende war mir ein wenig zu sehr konstruiert, aber alles in allem wurde ich so gefesselt und habe mitgelitten, mitgefiebert, gehofft, geliebt, dass mich das gar nicht so sehr störte. Wer gerne Bücher über Familiengeheimnisse liest, ist hier sehr gut aufgehoben. Wunderschön! Von mir gibt es 4,5 Sterne!