Rezension

Familiengeschichte mit Sterbebegleitung

Die letzten Tage von Rabbit Hayes
von Anna McPartlin

Titel: Anna McPartlin - Die letzten Tage von Rabbit Hayes
Originaltitel: The Last Days of Rabbit Hayes

Verlag: rororo
Seiten: 503, 17 Kapitel, 9 Tage

Zur Autorin:
Anna McPartlin wurde 1972 in Dublin geboren und verbrachte dort ihre frühe Kindheit. Wegen einer Krankheit in ihrer engsten Familie zog sie als Teenager nach Kerry, wo Onkel und Tante sie als Pflegekind aufnahmen. Nach der Schule studierte Anna ziemlich unwillig Marketing, doch sie blieb dabei ihrer wahren Liebe, der Stand-up-Comedy, und dem Schreiben treu. Bei der künstlerischen Arbeit lernte sie ihren späteren Ehemann Donal kennen. Die beiden leben in der Nähe von Dublin.

Zum Buch:
Erst wenn das Schlimmste eintritt, weißt du, wer dich liebt.
Stell dir vor, du hast nur noch neun Tage. Neun Tage, um über die Flüche deiner Mutter zu lachen. Um die Hand deines Vaters zu halten (wenn er dich lässt). Und deiner Schwester durch ihr Familienchaos zu helfen. Um deinem Bruder den Weg zurück in die Familie zu bahnen. Nur neun Tage, um Abschied zu nehmen von deiner Tochter, die noch nicht weiß, dass du nun gehen wirst ...
Die Geschichte von Rabbit Hayes: ungeheuer traurig. Ungeheuer tröstlich.

Zum Inhalt:
Rabbit Hayes hat Brustkrebs im Endstadium. Die Diagnose Krebs trägt sie schon einige Jahre mit sich herum. Sie hat beide Brüste verloren und hat jedoch nie daran gedacht, daran sterben zu können. Als sie sich in ihrer Küche ein Bein bricht und die Ärzte feststellen, dass ihre Knochen übersät sind von Metastasen, kommt sie in ein Hospiz. Doch selbst dort will sie sich nicht eingestehen, warum sie dort ist. Erst, als es ihr von Tag zu Tag schlechter geht, begreift sie, dass sie dort sterben wird...
Doch was geschieht danach mit ihrer Tochter Juliet? Sie ist erst 12 Jahre alt und hängt sehr an ihrer Mama, denn sie ist schon ohne Vater groß geworden. Hinter Rabbit steht eine intakte, große, hilfsbereite, warmherzige Familie, die letztendlich alles auffangen wird und kann, was für Rabbit tröstlich ist, denn der Tag rückt immer näher und sie bereitet sich aufs Abschied nehmen vor...

Meine Meinung:
Ich hatte gänzlich andere Erwartungen an das Buch. Ich hatte einen Roman erwartet, der aus Rabbits Sicht geschrieben ist und ihre letzten Tage aufzeichnet und ihren Wunsch, ihre Tochter auf ihr Sterben vorzubereiten. Tatsächlich jedoch wird aus der Sichte aller Beteiligter geschrieben und vieles auch aus der Vergangenheit erzählt, so dass es gar nicht aktiv und ausschließlich um den Sterbeprozess geht, sondern darum, was ihre Familie fühlt und denkt, wie sie früher alle zusammen gelebt haben, was sie heute verbindet. Das war für mich erstmal enttäuschend, aber schnell habe ich reingefunden in diese Art der Erzählweise und in das Leben von Rabbit Hayes und ihrer Familie. Alle, wirklich alle sind ausnahmslos warmherzig und lieb, Gutmenschen mit Fehlern. Der Zusammenhalt in dieser Familie ist überwältigend. Wenn ich Mutter eines Kindes wäre und sterben müsste, würde ich mir wünschen, in dieser Familie, bzw. in so einer Familie eingebettet zu sein.
Die letzten Tage von Rabbit Hayes sind aufwühlend, hektisch, von Schlafen und Besuch geprägt. Die Autorin hat keinen Stil, der bestsellerverdächtig ist, aber sie hat einen schönen Weg gefunden, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Auch schreibt Anna McPartlin nicht so, dass der Leser ständig weinen muss. Es sind vielmehr Gedanken und Worte von Davey und Juliet, die einem einen Kloß im Hals spüren lassen. Es sind vielmehr Molly und Jack, die klammern und nicht akzeptieren können, dass ihre Tochter stirbt und die alles in Bewegung setzen, ihre Tochter heilen zu können. Es ist die Freundschaft und Schwesterliebe zwischen Grace und Rabbit, die zum Nachdenken anregt und es ist das Leid der ganzen Familie, das zu Tränen rührt.
Es vergehen 9 Tage in denen Rabbit stirbt und das Ende ist so leise und still, dass es für mich etwas zu kurz kam. 9 Tage Sterbeprozess, Auseinandersetzung, Sterbebegleitung, Aussprachen und dann kommt der Tod mit ein paar Zeilen. Für mich der Grund, warum ICH einen Stern abgezogen habe.

Fazit:
Eine Familiengeschichte voller Liebe und Wärme, ein Sterbeprozess ohne die wirkliche Auseinandersetzung mit dem Tod der Rabbit Hayes und trotzdem sehr lesenswert.