Rezension

fantastisch!

Die Seiten der Welt
von Kai Meyer

„Neue Bücher rochen nach Druckerschwärze, nach Leim, nach Erwartungen. Alte Bücher dufteten nach Abenteuern, ihren eigenen und jenen von denen sie erzählten. Und gute Bücher verströmten ein Aroma, in dem das alles steckte, und dazu noch ein Hauch von Magie.“

Ich stelle selten Zitate voran, weil ich es schwierig finde, ein treffendes Zitat für ein gesamtes Werk aus den Seiten herauszuziehen und zusammenhangslos nieder zu schreiben. Nun tat ich dies, denn dieses Zitat passt wie die Feder ins Tintenfass. Denn um nichts anderes geht es. Um die pure Magie, die Bücher verströmen, und eine Gemeinschaft von Menschen, die Bücher liebt und ihre Magie zu nutzen weis. Verborgen vor unseren Augen existiert sie: Die Bibliomantik, die Magie, durch Bücher zu springen und Seitenherzen zu spalten, und eine Stadt – Libropolis – nur angefüllt mit Büchern, Buchmacherwerkstätten und Lesebändchen.

Ich begleitete Furia Fearfax, ein Mädchen das sich mit ihrem Vater und ihrem Bruder in einem alten Herrenhaus vor mächtigen Feinden. Fernab von der Gesellschaft wächst sie begleitet von ihren Bücherfreunden auf.

Ich stieg mit Furia tief hinab in die riesige unterirdische Bibliothek ihres Vaters, suchte nach dem Seelenbuch, rannte vor dem Schimmelrochen fort und besiegte ihn schließlich mit Hilfe der lebenden Buchstaben. Und dann ging das Abenteuer erst richtig los.

Ich will weder zu viel vom Inhalt des Buches Preis geben, noch zu viel von den Figuren verraten. Denn diese soll jeder selbst entdecken.

Doch seit gewarnt. Sobald ihr die Brücke nach Libropolis beschreitet, gibt es keinen Weg zurück.

Kai Meyer hat mit diesem Buch eine wahre Liebeserklärung an die Bücher dieser Welt erschaffen. An jedes einzelne, mag es das kleinste Taschenbuch oder der dickste Wälzer sein. Ich war einfach hin und weg von dem Detailreichtum und den Ideen, die er zu einem wahrlich actiongeladenen und spannenden Abenteuer kunstvoll verwoben hat, ohne das die Geschichte auch nur einmal gekünstelt oder aufgesetzt wirkte.

Und es erfordert schon ein hohes Maß an Kunstfertigkeit, ein solches neues Universum zu schaffen und es dazu noch mit unserer Realität zu koppeln, ohne das man sich darüber totlacht.

Ich lachte über Furia, über ihre Freunde, litt mit ihrem kleinen Bruder und knabberte mir die Nägel bis aufs Nagelbett hinunter ab vor Spannung.Ich muss meinen Hut vor Kai Meyer ziehen. Er beherrscht sein Handwerk famos und lässt die Geschichte, die wahrscheinlich schwierig zu konzipieren war, so locker leicht wirken, sodass ich die Spaltung des Seitenherzes bildlich vor meinen Augen hatte und ich mich verwundert umwandte, um zu sehen, ob nicht wirklich ein Origamivogel auf meiner Schulter sitzt.

Fünf Sterne für ein Werk, dass hoffentlich nicht allein in meinem Regal stehen bleibt