Rezension

Fantasy mit starker Charakterentwicklung

Die Soldaten - Tobias O. Meißner

Die Soldaten
von Tobias O. Meißner

Tobias Meißners “Die Soldaten” spielt in der gleichen Welt wie der Fantasy-Zyklus “Im Zeichen des Mammuts”, ist aber ein eigenständiges Werk und nimmt so gut wie gar keinen Bezug auf die Handlung der anderen “Mammut”-Bücher. Fans werden sich natürlich über die eine oder andere Anspielung freuen, aber auch ohne Vorkenntnisse kann der Roman bedenkenlos gelesen werden.

Bei “Die Soldaten” geht es vorrangig um den militärischen Alltag auf der Festung Carlyr, die, abgelegen in den Bergen, den einzigen Pass zum gefährlichen Land der Affenmenschen bewacht. Dabei liegt der Fokus jedoch nicht auf schneller Action oder spektakulären Kämpfen, wie man anhand des Titels vielleicht vermutet hätte, sondern auf der Tiefe und der Entwicklung der Charaktere.
Meißner lässt seine Protagonisten einiges durchmachen und konfrontiert sie mit existenziellen Fragen: Wie geht ein Soldat mit schrecklichen Erfahrungen um? Warum meldet sich jemand freiwillig zur Armee? War jedem bewusst, worauf er sich einlässt? Und was passiert, wenn man seine Entscheidung lieber rückgängig machen würde, aber nicht mehr kann?

Hauptfigur der Geschichte ist Leutnant Fenna, ein traumatisierter, gebrochener Veteran, der immer wieder von Albträumen heimgesucht wird. Er wird auf die entlegene Festung versetzt, um dort neue Soldaten auszubilden. Anfangs geht er die Sache nur halbherzig an, gewinnt aber mit der Zeit seine Lebensfreude zurück und lernt zudem neue, ungeahnte Stärken an sich kennen.

Die Ausbildung umfasst etwa die erste Hälfte des Buches und beschäftigt sich mit der Einführung und Beschreibung der neuen Rekruten, die unter Fenna zu einer ernstzunehmenden Kompanie heranwachsen sollen. Dabei gelingt es Meißner sehr unterhaltsam, Freundschaften, Rivalitäten und Herausforderungen unter einen Hut zu bringen und schafft es sogar, dass auch der Humor und die Spannung nicht zu kurz kommen. Bemerkenswert ist dabei, dass die Soldaten niemals einfach nur gesichtslose Statisten sind, die von ihrem Leutnant zu Schwertfutter gezüchtet werden, sondern Individuen mit einer reichen Persönlichkeit, mit Stärken und Schwächen, Ecken und Kanten, Ängsten und Sorgen.

Die zweite Hälfte des Buches wird schließlich ernster, düsterer und unheimlicher, wenn die frische Kompanie das erste Mal Feindesland betritt. Hier machen die Charaktere weitere Entwicklungen durch, da sie natürlich ganz neuen Anspannungen und Gefahren ausgesetzt werden. Der Leser bekommt dadurch hautnah mit, welche Fortschritte Fenna und seine Truppe machen und wie aus einem Haufen Fremder eine funktionierende Einheit entsteht.

Tobias Meißner ist ein außergewöhnlicher Fantasyroman gelungen, der ausgesprochen viel Wert auf die Entwicklung seiner Charaktere legt. Actionszenen sind rar, dafür aber sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt. Für alle Fantasyleser zu empfehlen, die facettenreiche, toll ausgearbeitete Figuren mögen.