Rezension

(fast) mein Lieblingsbuch 2012

Niceville - Carsten Stroud

Niceville
von Carsten Stroud

Niceville könnte so ein netter Ort sein. Hübsch gelegen am Fluß Tulip, im Schatten der Tallulah’s Wall, mit seinem mysteriösen Wasserloch Crater Sink. Gepflegte Häuser, nette Menschen, man kennt sich.

Für Recht und Ordnung sorgen Nick Kavenaugh, sein Partner Beau und ihre Kollegen bei der örtlichen Polizei. Alles geht scheinbar seinen ruhigen, friedlichen Gang, einzelne Nachbarschafts- und Ehekrisen mal außen vorgelassen. Es könnte so schön sein …

hätte nicht Niceville die mit Abstand höchste Vermisstenrate der USA. Und mit dem Fall eines vermissten Jungen geht die Geschichte auch los.

Wobei, was heißt vermisst? „Verschwunden“ trifft es eher. Die Überwachungskamera eines Geschäftes hat es festgehalten. In der einen Sekunden schaut sich Rainey Teague noch die Auslage, genauer gesagt einen Spiegel im Schaufenster an, in der nächsten Sekunde ist er verschwunden.

Doch das ist nicht der einzige Fall, der Nick schlaflose Nächte bereitet. Ein spektakulärer Banküberfall, bei dem vier Polizisten und zwei Reporter ihr Leben lassen, hält die Polizei in Atem, nicht wissend, dass der Mörder in den eigenen Reihen zu finden ist. Oder dass der Chef einer örtlichen Sicherheitsfirma da mit drin hängt, nebenbei Nicks Schwager, der wiederum Probleme mit Chinesen hat. Und das ist noch lang nicht alles, was unter der friedlichen Oberfläche Nicevilles brodelt.

Die Eltern des inzwischen wieder aufgetauchten Jungen begehen unabhängig voneinander Selbstmord, woraufhin Nicks Ehefrau, eine Anwältin für Familienrecht, zu seinem Vormund bestimmt wird. Die aber hat gerade Ärger mit dem in einem Prozess unterlegen Ehemann, der wiederum belastendes Material über … aber das würde jetzt zu weit führen.

Carsten Stroud schafft es mit einer unglaubliche Leichtigkeit den Leser nicht den Überblick verlieren zu lassen, trotz allein vier Gründerfamilien, die seit Generationen miteinander im Klinsch liegen, sich hassen, lieben, sich verfluchen, sich umbringen, sich heiraten und deren Schicksale bis heute eng miteinander verflochten sind.

Herausgekommen ist ein absoluter Überraschungshit, nicht genau einzusortieren (Krimi, Horror, Thriller, Mystery) aber ungemein unterhaltsam, für mich eines der besten Bücher 2012, das nun als Taschenbuch erhältlich ist.

Besonders gut gefallen hat mir, dass einige der unzähligen Handlungsstränge zu Ende geführt werden und man dafür nicht erst auf die Fortsetzung warten muss. Dennoch bleibt genug im Dunkeln, um die Vorfreude aufrecht zu erhalten.

Ich stecke gerade mitten im zweiten Teil und kann schon einmal vorweg nehmen, die Geschichte bleibt genauso spannend, fesselt genauso, bietet einen geschickten Anschluss, der nochmal das Wichtigste erklärt und gefällt mir bislang fast noch besser. Die Rückkehr ist just erschienen.

Bei der Gelegenheit möchte ich einmal völlig uneigennützig auf den entsprechenden Buchspion hinweisen: dort kann man das Buch auch einmal aus einer anderen Sichtweise kennenlernen, von einem sehr netten Kollegen von Osiander.