Rezension

Fast wie im Märchen mit schönen Perspektiven

Sion - Finde die Wahrheit - Julia Lindenmair

Sion - Finde die Wahrheit
von Julia Lindenmair

Bewertet mit 4 Sternen

Sion - Finde die Wahrheit ist der Debütroman von der österreichischen Autorin Julia Lindenmair. Das Landleben und der Bauernhof beflügeln ihre Kreativität. Sie arbeitet im Büro und mit Finanzen, aber vor allem Fantasy hat es ihr angetan, dass sie in ihrer Karenz die Geschichte von Anne und Lycra geschrieben hat.

Das letzte Worte von Annes Großmutter beschäftigen das Mädchen sehr. Sie will herausfinden wer oder was Sion ist und dessen Bedeutung kennenlernen. Dabei schließt sie sich den Gesetzlosen Lyca an, der ihr helfen soll zu überleben, eine Lüge auszudenken und sie vor der drohenden Gefahr zu beschützen.

Im Mittelalter, ungefähr in der Ritterzeit aber in einer eigenen anderen Welt spielt die Geschichte. Sie wird in der Ich-Form abwechselnd aus der Perspektive von Anne und Lycra erläutert. Es ist durch Kapitelüberschrift klar sichtbar, wer gerade erzählt und es wechselt jedes Kapitel. Dieser Erzählstil ist gut gewählt um beide Seiten der Medaille zu kennen und auch andere Eindrücke einer weiteren Person auf Szene und Handlung zu haben.

Die Autorin hat einen plätschernden Erzählstil mit einer locker leichten Sprache. Sie verwendet viele malerische Metaphern, hat fließende Übergänge und scheint ihre Szenen detailverliebt sowie bezaubernd zu beschreiben. Vor allem Umgebung und Landschaft werden auf faszinierende Weise geschildert.

Insgesamt gibt es irgendwie zwei Schreibstil. Der Männliche strotzt vor derber Sprache, wirkt in sich kälter und gewalthaltiger, aber dennoch gefühlvoll. Lycra, dessen Erzählperspektive dieser Schreibstil zu Grunde liegt ist ebenso stark, kräftig aber in sich unzufrieden, aber dennoch leidenschaftlich, innerlich zerrissen, frech und einfühlsam. Der feminine Part ist umso emotionsgeladener und leidenschaftlicher, hat eine gehobene Sprache und strotzt vor Gedankenketten. Dies spiegelt sich auch im Charakter von Anne: ängstlich aber neugierig, rebellierend, impulsive aber dennoch selbstbewusst und teils verloren.

Weiters werden Gefühle gehaltvoll, tiefsinnig, intensiv und ergreifend eingesetzt und es herrscht das reinste Gefühlschaos. Gedankenmonologe sind eingängig, stimmig, man versinkt gerne in ihnen. Hypnotisierende Erläuterungen sind spannend und man kommt durch die mysteriöse sowie geheimnisvolle Grundstimmung Herzklopfen vor Aufregung.

Die Autorin verwendet sehr aktuelle Themen wie Sklavenhandel, Gewalt, Krieg oder Armut trotz des eher ritterlichen Zeitalters. Vor allem die Moral und Botschaft der Geschichte, bei der Hilfe und Halt über alles geht, ist sehr schön in die Erzählung verpackt. Man taucht in die Geschichte ein.

Der Einstieg ist schnell und einfach durch die Perspektiven und die tollen sowie expliziten Erläuterungen zu Beginn helfen einem den Ausgangspunkt der Erzählung zu verstehen. Weiters ergänzen sie sich gut und man freundet sich mit beiden Erzählstilen gut an. Ebenso sind sie stimmig mit dem Charakter der Figuren, obwohl diese eher wie jünger rüberkommen als wie um die 20 Jahre.

Im Allgemeinen wird die Erzählung nicht langweilig. Ab der Mitte wird es richtig spannend, ein Auf und Ab von Lösung und Anspannung, Dramatik sowie unvorstellbaren Wendungen. Vorallem kurz vor einem Wendepunkt oder Enthüllung wird nochmals dramatisiert und ausgeholt, bevor die Kernaussage offenbart wird - tolles Stilmittel. Das Ende war insbesondere nervenaufreibend, aber dennoch für meinen Geschmack etwas zu idealistisch.

 

Fazit:

Sion – Finde die Wahrheit ist fast wie ein Märchen – Ein Mädchen trifft einen Jungen, sie hegen Gefühle zueinander und versuchen ein tiefes Geheimnis ähnlich wie bei Cinderella oder Aschenputtel zu lüften. Julia Lindenmair glänzt in ihrem Debütroman mit formschönen Metaphern, tollen Perspektiven sowie einer dramatischen Geschichte.

 

Sion – Finde die Wahrheit erhält von mir 4 von 5 Sternen.

(Ein Dank an den Bookshouse-Verlag für das Rezensionsexemplar.)