Rezension

Faszinierend, verstörend, verwirrend

Alles über Heather - Matthew Weiner

Alles über Heather
von Matthew Weiner

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt

Mark und Karen Breakstones Tochter Heather ist einfach perfekt: intelligent, einfühlsam, hübsch. Doch hinter der Fassade der Familie verbergen sich so einige Risse.
Bobby Klasky ist von einer schweren Kindheit gezeichnet, gewalttätig, und wahnhaft.
Was passiert, wenn sich die Schicksale dieser Menschen kreuzen?

Meinung

„Alles über Heather“ ist eines der seltsamsten und gleichzeitig faszinierendsten Bücher, die ich seit langem gelesen habe, und ich bin mir auch Wochen nach dem Lesen noch immer nicht sicher, was der Autor uns mit diesem Buch sagen wollte.

Der mit knapp 130 Seiten recht kurze Roman ist zum Teil aufgebaut wie ein normaler Familienroman und erzählt, wie Heathers Eltern sich kennenlernten, wir Heather geboren wurde und aufwuchs. Dabei spielen die Beziehung zwischen den Eltern und ihre Beziehungen zu Heather, die sich im Laufe ihres Lebens ändern, eine große Rolle.
Gleitzeitig enthält das Buch Thriller-Elemente, in denen Bobby vorgestellt wird, der glatt einer „Bauanleitung“ für Serienmörder entstammen könnte: Kind einer drogensüchtigen Prostituierten, vernachlässigt, schon früh gewalttätig geworden, scheinbar soziopathisch veranlagt.
Der Kontrast zwischen der perfekten Familie und der gescheiterten Existenz wird durch die sich abwechselnden Perspektiven stark betont und ist faszinierend. Von Anfang an ist klar, dass die beiden Geschichten aufeinandertreffen werden und man ahnt schon, wie es ausgehen wird. Auch wenn der Autor einen in dieser Hinsicht wirklich geschickt in die Irre führt.

Während Bobbys Geschichte das Trauerspiel eines Lebenslaufes ist und man sich ständig davor fürchtet, was er als nächstes tun könnte, entwickelt sich auch die Geschichte um Heather und ihre Familie nicht so bilderbuchartig, wie sie zunächst klingt. Innerhalb der Familie kommt es zu Spannungen und Vater Mark fühlt sich zunehmend unzufrieden mit seinem Leben.
Dadurch entwickelt sich der Roman gegen Ende hin ganz anders, als man denkt, wenn auch nicht weniger verstörend.

Das Ende ließ mich auch etwas ratlos zurück, da ich mir nicht sicher war, ob und was der Autor einem damit sagen wollte und ob und wie er das Verhalten seiner Figuren moralisch bewertet. Während die Parallelität der Geschichten von Heather und Bobby größtenteils zur Spannung des Buches beiträgt, hatte ich das Gefühl, das Ende wäre wirkungsvoller gewesen, hätten wir Bobby nicht durch eine eigene Storyline kennengelernt. Nichtsdestotrotz überrascht es und regt sehr zum Nachdenken über die Figuren, ihre Handlungen und Motive an.
Auch endet das Buch extrem abrupt und lässt die Schicksale aller Beteiligten völlig offen, was aber nicht unbedingt schlecht ist.

Ebenfalls erwähnenswert ist der sehr unpersönliche, distanzierte, aber auch trocken-humorvolle Stil, in dem Weiner über seine Figuren schreibt. Teilweise zieht er in wenigen, pointierten Sätzen ehrlich zynisch über die Figuren her, andere Stellen beschreibt er sehr unbeteiligt und wertfrei, was sie umso gruseliger macht und Fragen bezüglich seiner Einstellung zu seinen Figuren aufweist.

Fazit

„Alles über Heather“ ist psychologisch faszinierend, hält durch den spannenden Aufbau bei Stange und das Ende überrascht durchaus und regt zum Nachdenken an. Das Ende lies mich jedoch sehr ratlos in Bezug darauf zurück, was der Autor damit bezwecken wollte und wieso er sein Buch so aufgebaut hat, wie er es getan hat.