Rezension

Faszinierende Idee wird getrübt durch nicht nachvollziehbarer Liebesgeschichte und wenig Tiefe der Charaktere

Sakura - Kim Kestner

Sakura
von Kim Kestner

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhalt:

Juri lebt in einer Welt, die in Ebenen unterteilt ist. Sie lebt auf der untersten, die von Leid und Hunger geprägt ist, angeblich als Strafe der Göttin Amaterasu, von der der Kaiser direkt abstammt, während die Menschen der unteren Ebenen von dem Widersacher ebenjener Göttin, Susanoo, abstammen. Die Lebenserwartung ist gering und viele sterben an der sogenannten Knochenfresser-Krankheit.
Dann werden auf einmal Menschen von den Gardisten des Kaisers ausgewählt und erhalten mit einer Karte die Möglichkeit, aus dem Elend rauszukommen. Widerrechtlich kommt Juri in den Besitz einer solchen Karte. Doch erst als sie selbst erste Symptome der Krankheit zeigt, ergreift sie verkleidet als Junge die Chance - und landet unter lauter Probanden, die drei Prüfungen durchlaufen müssen, bis sie an die ersehnte Oberfläche gelangen ... und dann erfährt Juri, dass der Kirschblütenprinz alles andere als eine Legende ist ...

Meine Meinung:

Obwohl die Autorin, wie sie in ihrem Nachwort erklärt, die japanische Kultur abwandelt, basiert doch diese Geschichte darauf, was ich ziemlich cool und faszinierend fand. Im Gegensatz zu den Menschen der unteren Ebenen ist es vor allem die Kaiserfamilie, die über asiatisches Aussehen verfügt und sich von den verachteten Nachkommen Susanoos abgrenzt. Auch diese Anspielung auf die alte japanische Legende gefiel mir.
Tatsächlich - so viel sei gesagt - handelt es sich um eine Dystopie. Mit einem absolut düsteren Setting, das die dunklen Seiten der Menschheit absolut nicht verschweigt. Juri arbeitet in einer Leichenverbrennungsanlage, die Menschen um sie herum würden für Essen töten und ihre Welt ist grausam, da jeder ums Überleben kämpft, zwischen Dreck und Ratten, fern des Wohlstands des Kaisers.
Aber auch sonst thematisiert das Buch Bereiche wie Diversität, Rassismus, Ehre und Menschlichkeit.

Auf den ersten Blick erinnerte mich das Buch an diese typische Story, bei der eine Rebellin versteckt in die Nähe des Prinzen gelangt beziehungsweise sich in die Brautwahl einschleust. Das ist hier nicht der Fall. Zum Einen, da es sich hier nicht um eine Brautwahl für den Prinzen handelt, zum Anderen da Juri eigentlich eher aus Verzweiflung dort landet.
Nichtsdestotrotz blieben großartig überraschende Wendungen in der Handlung für mich aus, auch wenn die Hintergründe ganz interessant waren. Aber gerade das Ende ging für mich viel zu schnell und teilweise auch zu einfach.

Juri ist relativ impulsiv, vor allem aber eine Einzelgängerin. Sie ist vorlaut, sagt, was sie denkt, lässt sich nicht unterkriegen, gebiert so aber auch mal öffentlich vor Anhängern des Kaisers auf, womit sie sich nicht nur Freunde macht. Sie ist rebellisch und nimmt die Dinge nicht einfach hin.
Aufgrund ihres ärmlichen, abgeschotteten Lebens ist sie natürlich auch in gewisser Weise naiv und unwissend gegenüber all den Dingen, die sie nicht kennt (das fängt schon bei Tier- und Obstsorten an), allerdings wurde das nie nervig, zumal sie schnell lernt.
Ihr Leben war bisher alles andere als leicht, infolgedessen hat sie sich Regeln aufgestellt, von denen eine lautet, keine Bindungen einzugehen. Doch gerade diese wird bei den Prüfungen auf die Probe gestellt ...

Der Schreibstil ist dabei, auch dank der Ich-Perspektive und der Tempusform Präsens, nah am Geschehen, teilweise wirkten Juris Gedanken wie ein Bewusstseinsstrom auf mich.
Was mich an dem Buch vielleicht am meisten gestört hat, war die Liebesgeschichte. Die verlief für mich einfach absolut vorhersehbar, jedoch leider nicht nachvollziehbar. Kein Knistern, kein Prickeln, keine Emotionen - nichts kam bei mir an. Auch die Entwicklung war für mich nicht wirklich da, und gerade bei der Bedeutung, die sie irgendwann erhält, fand ich sie nicht zufriedenstellend.

Allgemein gilt für die meisten Charaktere, dass sie unglaublich viel Potenzial besitzen, diese Tiefe jedoch meist kaum ausgearbeitet ist, was ich schade fand. Über viele hätte ich gerne mehr erfahren.
Dom, einer der anderen Probanden, ist dabei der Charakter, den ich am meisten mochte, vielleicht auch, weil er am ausgearbeitetesten ist. Er verfügt über Stärken wie seine Intelligenz und seine Fähigkeit, seine Gefühle zu verstecken, aber auch über Schwächen wie Ängste.
Weniger überzeugt hat mich zum Beispiel der Charakter des Prinzen, der für mich bis zum Schluss trotz des offensichtlichen Potenzials viel zu blass blieb.

Fazit: Faszinierende Idee mit Anspielungen auf die japanische Kultur, leider aber auch einer nicht nachvollziehbaren Liebesgeschichte und Charakteren, deren Potenzial nicht ausgearbeitet wurde