Rezension

Faszinierende Welt mit kleineren Schwächen

Seelen - Stephenie Meyer

Seelen
von Stephenie Meyer

Bewertet mit 4 Sternen

"Seelen" handelt von einer Welt in der fernen Zukunft, in der menschliche Körper von so genannten Seelen besetzt werden und so die Kontrolle über die Erde übernommen haben. Wenige Menschen haben es geschafft Widerstand zu leisten, zu fliehen und im besten Falle in Verstecken neue Gesellschaften aufgebaut. Melanie ist auf der Flucht mit ihrem kleinen Bruder und ihrer großen Liebe Jared, als sie geschnappt wird. In ihren Körper wird die Seele Wanda plantiert, die als Spion die Verstecke der übrig gebliebenen Menschen aufspüren soll. Doh Melanie entpuppt sich als hartnäckig, so dass sich Wanda und Melanie regelrecht den Körper teilen. Sie fliehen zu Melanies Onkel Jeb, wo sich auch Jared und der kleine Bruder Jamie befinden. Die beiden müssen lernen sich zu arrangieren und Wanda lernt mehr über die Spezie Mensch, als sie jemals gedacht hätte.

"Seelen" punktet vor allem mit einer faszinierenden Welt. Die Idee mit den Seelen, die über die verschiedenen Planeten reisen und auf der Erde die Körper als Wirt benutzen, um hier wieder für Frieden und Gewaltlosigkeit zu sorgen, eine interessante Idee. Zumal alles sehr gut durchdacht wirkt, so dass man die Welt sich gut vorstellen kann. Hinzu kommt mit Melanie eine toughe, ehrliche und wirklich sympathische Person, die die Geschichte problemlos tragen kann, weil man ihr abkauft, das genau sie es geschafft hat, so lange sich der Übernahme zu widersetzen.

Die Implantierung von Wanda ändert die Situation natürlich vollkommen. Plötzlich hat man direkt zwei Personen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, mit unterschiedlichen Denkweisen und Überzeugungen, die sich einen Körper, aber auch die Gedanken auf den Bücherseiten teilen. Dieses Hin und Her ist spannend zu verfolgen. Insgesamt ist die Handlung sehr spannend gestaltet. Immer wieder gibt es Höhepunkte, abgewechselt mit tiefergehenden Episoden. Langeweile kommt wirklich zu keinem Zeitpunkt auf, weil auch eine interessante Antagonistin gewählt wurde. Frauen sind ja sowieso eher selten, aber hier überzeugt die Hartnäckigkeit diese seelischen Denkweise, die durch sie explizit präsentiert wurde.

Interessant ist natürlich auch die Liebesgeschichte bzw. die Liebesgeschichten aufgebaut. An manchen Stellen musste man mal die Augen verdrehen, weil Meyer da in Manier ihrer Bis(s)-Reihe arg in die Klischeekiste packte, aber es war doch noch gut zu ertragen. Damit einher geht die sehr interessante Entwicklung von Wanda. Wanda, die sich immer mehr der menschlichen Denkweise öffnet und selbst als Leser erfährt man so noch einiges über die Spezies Mensch und was diese doch eigentlich so faszinierend macht. Insgesamt tummeln sich in "Seelen" viele verschiedene, überzeugende Persönlichkeiten, die detailliert aufgebaut sind und dadurch sehr realistisch.

Das Ende versetzt dem ganzen Geschehen dann doch einen kleinen Dämpfer. Man wünscht sich als Leser doch einfach eine andere Lösung. Es ist eine Lösung, aber nicht die perfekte und schon gar nicht die, die die Geschichte eigentlich im Gesamten vermitteln wollte. Das ist wirklich schade und hinterlässt einen kleinen Beigeschmack.

Fazit: Würde nicht derselbe Autorenname vorne draufstehen, so würde man nicht unbedingt darauf kommen, dass "Seelen" und die "Bis(s)-Reihe" aus derselben Feder stammen. "Seelen" ist eine überzeugende Dystopie, mit interessanten Ansätzen, vielschichtigen Persönlichkeiten, eine besonders intensviv gestaltete Charakterentwicklung und viel Spannung. Während man über das etwas klischeehafte Teenie-Drama hinwegsehen kann, ist das Ende schon etwas enttäuschend und trotzdem ist "Seelen" lesenswert!