Rezension

Fesselnd, atemraubend und genial – Martin Krist hat das Drecksspiel eröffnet

Drecksspiel - Martin Krist

Drecksspiel
von Martin Krist

Das Buch hat mehrere Handlungsstränge, die teilweise verknüpft werden und zum Ende hin alle zusammenlaufen, deswegen mache ich lieber eine Stichwortliste... - Hannah, die mit ihrer kleinen Tochter von einem Psychopathen gefangen gehalten wird - Philipp, Hannahs Mann, der zusammen mit einem Freund eine Firma hat, ist verschwunden - Toni, Polizist, Freund der ermordeten Prostituierten und er ist öfters illegal unterwegs - Aki und Pedro, stehen in Kontakt zum “Gangsterboss” von Berlin und sind möchtegern Kleinkriminelle - reiches Ehepaar dessen Tochter Shirin entführt wurde - der Privatermittler David Gross soll Shirin wiederfinden

Nachdem ich Anfang des Jahres “Die Mädchenwiese” von Martin Krist gelesen habe, habe ich mich sehr auf sein neustes Buch gefreut. Der Autor hat einen frischen, klaren und teilweise recht kantigen Schreibstil, welcher super zu einem Thriller passt.

Das Buch ist durch die kurzen Abschnitte recht schnelllebig, was durch den Schreibstil noch verstärkt wird. Zwar ist es in Kapitel aufgeteilt, diese sind aber noch mal in Abschnitte unterteilt (im Schnitt ca. 2 Seiten lang). Hier wechseln dann immer die Erzählperspektiven, was mir an Anfang Probleme bereitet hat. Ich hatte die ersten Tage nicht viel Zeit zum lesen und habe nur ca. 20-30 Seiten geschafft. Da ist es generell schwierig in eine neue Geschichte reinzukommen und erst recht wenn man es mit so vielen neuen Charakteren und Sichtweisen auf einmal zu tun hat. Wenn man sich dann aber in die Geschichte reingefunden hat, dann macht gerade dieser schnelle Sichtwechsel den “Lesesog” aus. Es ist mir schwer gefallen das Buch aus der Hand zu legen, weil durch die verschiedenen Sichtweisen viele Fragen offen waren und ich unbedingt weiterlesen wollte. Gerade diese kurzen Abschnitte verleiten einen zum Weiterlesen.
Oft stellt man sich bei Thrillern nur eine Frage “wer ist der Mörder?”, vielleicht auch noch “warum?”. Hier jedoch gab es wesentlich mehr Fragen, z.B. “in welchem Zusammenhang stehen die einzelnen Charaktere bzw. Handlungsstränge?”, “wieso macht der Psychopath das”, “wieso musste die Prostituierte sterben?”, “was hat es mit genau mit Davids Vergangenheit auf sich?” usw. Je mehr Fragen, desto schneller wollte man die Antworten darauf haben.

Ein großes Kompliment für dieses tolle Cover! Endlich mal nicht so ein 0-8-15 Thrillercover in schwarz/weiß/rot. Die meisten sehen da mittlerweile ziemlich gleich aus und reizen mich nicht mehr.

Kommen wir zu den Protagonisten. Da wäre zum einen David Gross, der Privatermittler. Er befindet sich auf der Flucht und hat Angst, dass man ihn und seine Familie in Berlin finden könnte, weshalb er sich auch von ihr zurückgezogen hat. Seine Frau weiß, dass es etwas nicht mit ihm stimmt und hält ihn zusätzlich auf Abstand, was aber eigentlich beide gar nicht wollen. Sein kleiner Sohn ist ziemlich krank und liegt auf der Intensivstation. Trotz seiner familiären Situation versucht er die Tochter eines reichen Ehepaars (sie ist Politikerin) zu finden. Er ist clever, sportlich und weiß ganz genau wie er vorgehen muss, allerdings muss er auch darauf achten, dass er kein Aufsehen erregt, damit er nicht gefunden wird. Für mich war er einer dieser typischen Helden, der mich sehr gut gefallen hat.
Ganz anders ist Toni Risse, der ein ziemlich verkorkstes Leben führt. Auf der einen Seite ist seine Ex-Frau mit den beiden Söhnen und sein Job als Polizist, aber der anderen Seite ist er mit einer Prostituierten zusammen, ist drogenabhängig und verkehrt mit den falschen Leute. Interessante Kombination für einen Polizisten. Ihm ist direkt klar, dass wenn herauskommt, dass er der Freund der ermordeten Prostituierten war, dass er zum Hauptverdächtigen wird. Also ermittelt er auf eigene Faust und merkt gar nicht, wie sich die Schlinge um seinen Hals immer enger zieht. Absoluter Chaot, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt.
Und dann wäre da noch Hannah, die Todesängste ausstehen muss. Sie versucht sich zu wehren, sie versucht zu fliehen und sie will unbedingt ihre kleine Tochter schützen, aber sie ist nun mal in den Fängen dieses Psychopathen und im Laufe der Geschichte erfährt man, wie er vorgeht. Es ist eine sehr grausame Art seine Opfer zu quälen und zu töten, wobei das Buch an sich gar nicht so blutig ist. Für mich war es so genau die richtige Dosis. Auf jeden Fall ist Hannah eine sehr starke Frau, die nicht aufgibt und immer weiterkämpft – für sich und für ihre Tochter.

Berlin kommt in diesem Buch nicht besonders gut weg. Es wirkte auf mich sehr dunkel und böse – einfach wie ein großes Ghetto, in dem die Gangsterbosse das Sagen haben. Diese neue Sicht fand ich ziemlich interessant.

Ich habe diesen Thriller sehr gerne gelesen und freue mich bereits auf weitere Bücher von Martin Krist. Wer die Bücher von Sebastian Fitzek mag, wird auch diese Geschichte mögen, wobei der Schreibstil nicht zu vergleichen ist.