Rezension

Fesselnder Krimi, der unter die Haut geht

Wintertod - Thomas Nommensen

Wintertod
von Thomas Nommensen

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ein eiskalter Luftstrom aus Weißrussland vermählt sich über der Hauptstadt mit dem Tiefdruckgebiet, das seit einigen Tagen über dem westlichen Brandenburg festhängt. Eine Hochzeit in reinstem Weiß und doch nur eine Ehe auf Zeit...“

 

Der Prolog führt mich in eine Schulklasse. Zwei Jungen üben sich im Armdrücken. Dann geschieht etwas Unerwartetes.

Karin ist Sondengängerin. Heute zieht es sie auf einen stillgelegten Friedhof. Der Metalldetektor reagiert auf einen Spaten. Dann steht Karin vor einer Leiche.

Lea Zeisberg hat lange pausiert. Nun wird sie wieder vor einer Klasse stehen.

Hauptkommissar Arne Larsen ist nach Berlin gewechselt. Vorläufig arbeitet er unter Oberkommissarin Mayla Arsen. Die Tote auf dem Friedhof ist ihr Fall.

Drei kurze Kapitel sind der Auftakt für einen fesselnden Krimi. Die Geschichte wird in drei Zeitebenen erzählt. Lea Zeisbergs Part spielt in der jüngeren Vergangenheit, die Ermittlungen in der unmittelbaren Gegenwart. Deshalb sind diese Kapitel auch mit Datum und Uhrzeit versehen. Zur dritten Zeitebene komme ich später.

Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Dabei hat der Autor Handelnde kreiert, die jeder ein anderes Päckchen zu tragen haben. Arne Larsen arbeitet das Trauma seines letzten Falles auf. Ab und an kommen die Erinnerungen zurück. Mayla ist Türkin. Die Spannungen mit ihrer Familie werden nur angedeutet. Lea ist Grundschullehrerin. Grundschulen gehen in Berlin bis Klasse 6. Ein Vorfall beim letzten Schulfest hat sie aus der Bahn geworfen. Zurück blieb eine Agoraphobie.

Der Schriftstil des Buches sorgt für den hohen Spannungsbogen. Das geschieht durch kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsorte. Hinzu kommt ein dritter Handlungsstrang, der im Jahre 1979 beginnt. Martin, ein kleiner Junge, lebt in der Waldsiedlung in Wandlitz, dem abgezäumten Bereich der politischen Elite der DDR. Er bekommt einen neuen Vater. Von dem gemeinsamen Erleben des Jungen mit dem Vater berichtet dieser dritte Handlungsstrang. Adam, der Vater, formt die Seele des Kindes nach seinem obskuren Bild von Rache und Gerechtigkeit.

Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Salzmann, der Chef des Kommissariats, geht von Selbstmord aus. Arne aber ist anderer Ansicht und geht eigene Wege, sehr zum Ärger seines Vorgesetzten. Auch das Verhältnis zwischen Arne und Mayla ist schwierig. Nur langsam gehen sie aufeinander zu. Neben der spannenden Handlung aber gibt es auch poetische Stellen, wie obiges Zitat zeigt. Außerdem hat mich Arnes Leben in der WG ab und an zum Schmunzeln gebracht, während es für ihn weniger angenehm gewesen sein dürfte.

Bedrückend dargestellt werden die Verhältnisse in der Schule. Hier werden gekonnt alle Probleme unter den Teppich gekehrt. Wegsehen statt hinsehen ist angesagt, egal, ob Grundschüler rauchen oder Kinder längere Zeit im Unterricht fehlen. Der Führungsstil des Direktors wäre ernsthaft zu hinterfragen.

Der Autor führt mich als Leser an unterschiedliche Stellen Berlins. Dabei erfahre ich, wie an den einstigen Prunkbauten der Zahn der Zeit nagt. Genaue Beschreibungen der Orte gehören zum Handlungsablauf.

Das Cover mit den vereinzelten Sonnenstrahlen am Himmel und dem Kreuz im Vordergrund wirkt düster.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die verschiedenen Handlungsstränge wurden gekonnt zusammengefügt.