Rezension

Fesselnder und brisanter Krimi

Zugzwang - Erwin Kohl

Zugzwang
von Erwin Kohl

Bewertet mit 5 Sternen

„...Er kam sich vor, als säße er auf dem Bahnhof seines Lebens und sämtliche Gleise waren leer...“

 

Hauptkommissar Joshua Trempe zieht von zu Hause aus. Seine Frau Janine kommt mit der Angst nicht zurecht, die sie plagt, wenn er im Einsatz ist. Er verspricht ihr, sich um einem Bürojob im LKA zu bemühen.

Als er sich ein Hotel suchen will, erreicht ihn ein Anruf. An der Autobahn wurde ein Toter gefunden. Es ist der Multimillionär Ramon Schändler. Joshua fährt zum Haus der Familie, um die Todesnachricht zu überbringen. Dort erwartet ihn aber ein toter Hund, die getötete Ehefrau und ein offener Tresor. Nur die Tochter der Familie ist in ihrem Zimmer, hört Musik und hat anscheinend nichts vor der Tragödie mitbekommen.

Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen. Nur die kleine Schrift stört etwas.

Die Personen werden gut charakterisiert. Joshua braucht seine Familie, möchte aber auch auf seinen Beruf nicht verzichten. Als Kriminalist gibt er sich nicht mit oberflächlichen Ergebnissen zufrieden, sondern hinterfragt das Vorgelegte. Dabei legt er sich durchaus mit seinem Vorgesetzten oder dem Staatsanwalt an, wenn er sich im Recht glaubt. Auf seine Kollegen kann er sich verlassen. Sie stehen auch in schwierigen Situationen hinter ihm.

Sein eigentlicher Partner ist Daniel van Bloom. Er ist in all seinem Tun ein Pedant, kann aber damit umgehen, dass Umgebung das anders sieht. Durch ihn habe ich gelernt, wie man exakt einen grünen Tee brüht.

Der Schriftstil ist ausgewogen. Obiges Zitat zeigt zum einen, wie sich Joshua selbst sieht, aber auch, dass der Autor geschickt mit Metaphern umgehen kann. Die Hadnlungsorte werden ausreichend beschrieben. Der Fall führt in die Werbewirtschaft und die Pharmaindustrie.Die nötigen Fachbegriffe werden allgemeinverständlich erklärt. Schnell stellt sich heraus, das der Tote eine knallharter Geschäftsmann war und auf vielen Feldern mitgemischt hat. Dementsprechend umfangreich ist die Zahl der möglichen Verdächtigen. Auffallend sind verschiedene verstörende Geschehnisse, die in diesen Zeitraum passieren. Joshua hat ein Gespür dafür, dass es damit Zusammenhänge geben könnte. Als ein möglicher Täter angeblich Selbstmord begeht, ist für Joshuas Vorgesetzten der Fall abgeschlossen. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Joshua wird in den Urlaub geschickt, obwohl er jetzt am dringendsten gebraucht würde. Die Kollegen versuchen, Joshua den Rücken frei zu halten. Bei seinem Befragungen möglicher Zeugen und Täter wird Joshua gekonnt ausgebremst. Niemand weiß angeblich etwas. Zugegeben wird nur, was Joshua belegen kann. Doch die gut ausgearbeiteten Diskussionen im Team weisen nach und nach in die richtige Richtung.

Ab und an bringt der Autor eine Spur Philosophie in die Handlung. Das Höhlengleichnis fand ich nicht nur spannend, sondern auch nachdenkenswert.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen und ein sehr aktuelles Hintergrundthema aus, denn die Methoden der Massenmanipulation sind nicht zu unterschätzen.