Rezension

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"Florence Grace" von Tracy Rees

Die zwei Leben der Florence Grace - Tracy Rees

Die zwei Leben der Florence Grace
von Tracy Rees

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Kurz vor dem Tod ihrer geliebten Großmutter erfährt Florrie, wer sie wirklich ist. Sie gehört einer reichen, berüchtigten Londoner Familie an. Fortan lebt Florrie bei den Graces. In der großen Stadt wird aus dem wilden Mädchen die junge Florence Grace. Der elegante Lebensstil beeindruckt sie, doch zuhause fühlt sie sich hier nicht. Nur ihr Cousin Turlington scheint sich ernsthaft für sie zu interessieren. Aber Turlington ist nicht der, der er zu sein scheint. Was ist sein Geheimnis?

Eindruck

Cornwall oder London ?

Ein Vergleich, der nichts und niemandem Stand halten kann. Zu unterschiedlich sind doch die Persönlichkeiten, zu tief die Kluft des Verständnisses füreinander. Denn Cornwall ist hart und rau. Und so urgewaltig, unberechenbar und schwer wie die Landschaft ist das Leben der Menschen dort. Harte Arbeit und Entbehrungen sind das tägliche Brot und doch sind ist man dort glücklich, denn jeder einzelne ist sich seiner selbst bewußt, lebt im Einklang mit der Natur und entnimmt ihr nur was zum leben benötigt und mit eigener Hände Arbeit erwirtschaftet wird. Nachbarschaft und Freundschaft sind zwei der höchsten Güter. 

In London hingegen herrscht Oberflächlichkeit und Arroganz. Der Wert eines Menschen wird doch ausschließlich an seiner Schönheit und seinem Reichtum gemessen. Verstaubte Konventionen, die
Dressur junger Mädchen um sie in eine bestimmtes Kosett zu pressen, damit sie den Anforderungen genügen und möglichst prunkvoll verheiratet werden zu können, lässt ihnen keine persönlichen Entfaltungsmöglichkeit.

"Die zwei Leben der Florence Grace" ist ein poetische, melancholische atemberaubende Reise von Cornwall nach Cornwall. Eine Geschichte die das Herz wärmt, wenn Tracy Rees Cornwall und 
deren Bewohner beschreibt. Die zu Tränen rührt wenn man mit Florrie auf die ungewisse Reise in ein unbekanntes Leben und so ganz anderes Leben geht und einem selbst das Herz schwer werden
lässt, in dem Moment, da ihre Träume platzen nachdem sie alles riskiert hat. Und man atmet auf und lebt neu auf, als sie erkennt wohin ihr Herz gehört. Zwar hat London ihr eine völlig andere und schillernde Welt gezeigt, doch Cornwall hat die Wurzeln genährt und am Leben erhalten

Die Charaktere sind lebendig, greifbar und real zum Leben erwacht. Sehr eindringlich dargestellt, wie die Damen der feinen Gesellschaft nur auf Geld und Ansehen bedacht sind und dann in sich zusammen sinken, wenn der Status Quo sich ändert. Es ist erschütternd wie sich in einer Krise - die von einem Familienmitglied selbst, aus Rache für die Geldgier, bewußt herbeigeführt wurde - die Gesellschaft abwendet anstatt die Ärmel hochzukrempeln und zu unterstützen. Und es ist ebenso erschütternd, das es diejenigen sind, die aus einer miesen Situation das Beste machen und für die einstehen, die sie jahrelang ebenso mies behandelt haben. 

Charakter ist eben keine Frage des Geldes sondern der Erziehung und der Werte, die wir vermittelt bekommen. Sind die entsprechend, können wir auch schwierigsten Situationen trotzen und das Beste daraus machen.
 
Fazit

Ein wunderschönes Buch voll Poesie, Melancholie und Lebensfreude. Heimat ist dort, wo das Herz ist und Familie sind die, die dieses Herz berühren. Unabhängig von Ansehen, Geld oder Geburt.
Wer beides für sich noch nicht gefunden hat, sollte die Geschichte von Florence Grace lesen und aufmerksam in sich selbst hineinhören, dann wird man Heimat und Familie finden.