Rezension

Flotter Schreibstil aber nur Durchschnittslektüre

Bruderlüge - Kristina Ohlsson

Bruderlüge
von Kristina Ohlsson

Bewertet mit 2.5 Sternen

Im Alleingang gegen Mr. Unbekannt

„Aber das hier war so weit von der Normalität entfernt, dass man es dem Uneingeweihten nicht erklären konnte. Nichts war mehr, was es zu sein schien.“

 

Inhalt

 

Martin Benner, der eigentlich als Anwalt arbeitet ist mittlerweile ein Gejagter. Obwohl er seine Nichte wohlbehalten von einer Entführung zurückbekommen hat, steht vor ihm die schier unlösbare Aufgabe, den ebenfalls entführten Sohn seines Gegners aufzuspüren. Sollte ihm das nicht gelingen, dann ist das Mädchen erneut in Gefahr. Doch Banner findet eine Spur und stellt Parallelen zu seinem Leben fest, die Ursache, warum er ins Visier des unberechenbaren Lucifers geraten ist, scheint in seiner Vergangenheit zu liegen. Als Martin den Jungen Mio endlich aufspürt, wird ihm aber schlagartig klar, dass er das Opfer einer Verschwörung wurde, die ihn weit ins Abseits befördert hat. Lebend wird er möglicherweise nur dann aus der Sache herauskommen, wenn er alle Sozialkontakte kappt und sich dem Duell mit seinem Widersacher stellt, doch dazu müsste er herauszufinden, wer es ist und was ihm eigentlich zu Lasten gelegt wird …

 

Meinung

 

Von der schwedischen Kriminalautorin Kristina Ohlsson habe ich bereits ihren Debütroman „Aschenputtel“ gelesen, der mich nicht ganz überzeugen konnte aber auch nicht schlecht war. „Bruderlüge“ habe ich nun als zweites ihrer Bücher kennengelernt, doch auch hier wirkte die Handlung sehr aufgesetzt und damit auch konstruiert. Hinzu kommt zwar ein hohes Erzähltempo und eine kurzweilige Unterhaltung, doch das Gesamtkonzept weist zahlreiche Lücken auf und präsentiert sich als wenig einprägsam.

Obwohl „Bruderlüge“ der zweite Band der Reihe um Martin Benner ist, kann man ihn auch problemlos isoliert lesen, die Berührungspunkte zum ersten Fall sind nicht so gravierend und das fehlende Insiderwissen habe ich ebenfalls nicht vermisst. Schwieriger wird es mit dem Hauptprotagonisten selbst, der einerseits wie ein vollkommen verstörter und verängstigter Mensch wirkt, und dann wieder voller Tatendrang allein gegen die Übermacht von Mr. Unbekannt auftritt. Irgendwo zwischen Choleriker und Draufgänger angesiedelt, führt er fragliche Beziehungen, die ihn dann wieder zum Typ einsamen Wolf machen. Dieses On-Off in der Hauptperson dieses Thrillers hat mich definitiv verstört. Und dann kommen da noch die vielen Opfer hinzu, die irgendwann die Lebenslinie von Martin Benner gekreuzt haben und nun konsequent ermordet werden, natürlich nicht von ihm, doch der Täter im Hintergrund ist auch nicht allein und seine Marionetten führen ein gar spektakuläres Affentheater auf. Inhaltlich fehlte es nicht nur an Stimmung und Hintergrundwissen, sondern vor allem an einer geradlinigen Erzählstruktur.

Positiv hingegen ist mir das hohe Erzähltempo und damit einhergehend das hohe Spannungsniveau aufgefallen. Die Szenen könnte ich mir in einer Verfilmung fast noch besser vorstellen und auch der Text könnte gängig in ein Drehbuch umgeschrieben werden. Um sich die einzelnen Schauplätze vorstellen zu können und auch die Rückblenden besser vor Augen zu haben, würde mir hier das Bildmaterial definitiv weiterhelfen, vor allem weil ich nach dem Lesen das Gefühl habe, keine der Personen wirklich kennengelernt zu haben. Das finde ich ausgesprochen schade und es hinterlässt bei mir eine unzureichende Befriedigung.

 

Fazit

 

Ich vergebe 2,5 (aufgerundet 3) Lesesterne für diesen schnellen, kurzweiligen Unterhaltungsthriller mit einer scheinbar temporeichen Handlungsebene, der mir jedoch kaum im Gedächtnis bleiben wird. Es gab einfach zu wenig Bezugspunkte, zu viele ungenaue Beschreibungen, zu viele blasse Figuren und eine derart konstruierte Auflösung, die fast schon wieder humorvoll war, denn wer bitteschön verpasst schon den entscheidenden Moment seiner Hinrichtung auf so profane Weise?