Rezension

Für Japanfans

Die Insel der Freundschaft - Durian Sukegawa

Die Insel der Freundschaft
von Durian Sukegawa

Titel: Die Insel der Freundschaft

Autor: Sukegawa, Durian

Verlag: Dumont

Seiten: 350 Seiten

Preis: 20.00 Euro 

Letztes Jahr im September erschien "An- Kirschblüten und rote Bohnen" von Durian Sukegawa. Leser meines Blogs wissen mittlerweile sicherlich, dass ich Japanophil bin und wennmöglich jede Literatur diesbezüglich verschlinge. Dass Dumont einer meiner Lieblingsverlage ist, hat auch dazu beigetragen, dass ich "An" gleich nach erscheinen verschlungen habe. Meine Empfehlung dazu findet ihr hier: "An- Kirschlüten und rote Bohnen"
Als in den Verlagsvorschauen über das neueste Buch Durians berichtet wurde, war klar "DAS muss ich haben!", seht ihr auch in meinem "Herbsthighlights" Beitrag ;-). Das Glück sollte auf meiner Seite stehen, als Ende September Lovelybooks.de eine Leserunde zum Buch ausschrieb und ich tatsächlich ein Exemplar gewann! Wisst ihr wie lange ich schon nichts mehr dort gewonnen hatte? Es war Schicksal, oder?! Aber kommen wir mal zur Sache:

Worum es geht: 

Irgendwo im Pazifischen Ozean befindet sich die japanische Insel Aburi – ein aus der Zeit gefallenes Fleckchen Erde. Der junge Ryosuke, der seine Stelle als Koch in einem Restaurant in Tokio verloren hat, nimmt hier einen Job als Bauarbeiter an. Nicht ganz ohne Grund: Ein Freund seines toten Vaters lebt hier. Von ihm erhofft er sich eine Antwort auf die Frage, woran seine Familie zerbrach.
Die Einwohner von Aburi begegnen dem Neuankömmling skeptisch, und die Arbeit erweist sich als hart. Doch Ryosuke schließt Freundschaft mit zwei weiteren Fremden – dem draufgängerischen Tachikawa und der burschikosen Kaoru. Alle drei hadern mit der Vergangenheit, dem Leben und sich selbst. Für sie scheint es keinen Platz auf der Welt zu geben.
Doch gemeinsam begeben sie sich auf die Spuren von Ryosukes Vater – eine Suche, während derer sie lernen, sich auf die Natur und sich selbst zu besinnen. Und schließlich scheint ein Neuanfang möglich … - Klappentext @Dumont-Buchverlag.de

Meine Meinung: 

Ryosuke, ein Suizidgefährdeter alleinstehender Mann, begibt sich unter dem Vorwand auf Arbeit auf eine abgeschottete Insel. Doch eigentlich will er da ganz gezielt hin und jemanden finden. Tashikawa hat seine Schule abgebrochen und lebt in den Tag hinein, die Aussicht auf Arbeit am Meer ließ ihn zusagen. Doch eigentlich ist er auf der Suche nach seiner Bestimmung. Kaoru wurde als einzige Frau als Bauarbeiter angeheuert, und das auch nur in der Hoffnung, dass sie einen der Männer auf der Insel heiratet. Doch eigentlich will Kaoru sich selbst etwas beweisen und ihre Ängste überwinden.
Die Drei verbindet durch harte Arbeit und Ausgeschlossenheit der Einwohner ein zartes Band der Freundschaft, welches unter anderen Umständen kaum zustande gekommen wäre. Wie bereits in Sukegawas Debüt beherrscht eine sanfte, direkte Sprache die Geschichte. Mit gezielt platzierten Sätzen schafft er ein poetisches Bild, Aquarellfarben gleich.

"Es geht uns doch allen gleich. Wenn wir uns etwas vornehmen, denken wir, wir müssten es um jeden Preis erreichen. Und wenn wir es doch nicht schaffen, fühlen wir uns gleich wie Versager. Aber ich weiß nur zu gut, was es heißt, sein Leben für einen Traum zu opfern. Ein Traum darf ruhig auch ein Traum bleiben."

Wenn man weiß, dass Japaner essen lieben, ist man kaum überrascht über Sukegawas Erfolg. Auch in diesem Buch schafft er eine Handlung rund um Essen. Diesmal wird dem Leser einiges über Chevre, Ziegenkäse, beigebracht. Zugegebenermaßen hat mir der Folgeband nicht so gut gefallen wie "An", war mir das Element der Freundschaft, welches laut deutschen Titel elementar sein sollte, zu schwach. 

Geht man vom japanischen Originaltitel aus , "Die Insel der Pinza", (Auf der Insel werden Ziegen Pinza genannt ) ergibt das Buch viel mehr Sinn. 
Einen leichten mysteriösen Hauch umhüllt die Insel. Lange habe ich auf etwas übernatürliches à la Lost gewartet Eine Insel voller Aussätziger, ungewollt in der konformen Gesellschaft Tokyos. Hier kommt dann auch das Thema des Fremdenhasses in Szene. Sind die Arbeiter auch eingeflogen worden, um frisches Blut auf die Insel zu bringen, scheinen nicht allzu viele Anwohner Freude an dem Besuch zu haben. Erschreckend aktuell liest man kopfschüttelnd wie es doch anscheinend überall gleich auf der Welt zugeht...

Ryosuke als Hauptfigur war eine interessante Wahl. Die drei Figuren waren recht skurril auf ihre Art, sehr ausdrucksstark wenn man die japanische Reserviertheit im Sinn hat. Ryosuke, obwohl er kaum was sagt, zeigt mit seinen Aktionen seinen starken Lebenswillen. Auf der Insel findet er einen Grund weiterzuleben, findet Hoffnung etwas in seinem Leben leisten zu können. Für Liebhaber der japanischen Kultur gibt es hier mal einen Einblick in das leben von japanischen Einsiedlern, abwärts von Tokyo. Abgeschotten auf der Insel entsteht ein eigener kleiner Kosmos, abwärts der Grossstadtzwängen. 

Durian Sukegawa lässt einen Träumen, paar Stunden Ferien haben und ist dennoch nie seicht. Angenehm unaufdringlich. Liebe Leser, besorgen Sie sich eine Scheibe Toast, ein frisches Stück Ziegenkäse, einen tropfen Honig drauf, und genießen sie den Abend mit diesem Buch.

"Gedankenverloren berührte er seine linke Brust. Vielleicht war sein Selbst wirklich nur etwas Flüchtiges, doch unter der wulstigen Narbe pulsierte deutlich spürbar sein Herz."